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, Abdelilah Benkirane, 62, während des Wahlkampfs.

© AFP

Abdelilah Benkirane: Islamistenchef gewinnt die Wahl in Marokko

Der alte ist der neue Ministerpräsident in dem Maghrebstaat. Abdelilah Benkirane hat viel vor – muss sich aber mit dem König arrangieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ralph Schulze

Ein „Sieg für die Demokratie“ sei das, rief Abdelilah Benkirane seinen Anhängern zu. Die moderate Islamistenpartei PJD des bisherigen Regierungschefs von Marokko hat bei der Parlamentswahl ihre Macht im Abgeordnetenhaus weiter ausgebaut. Untrügliches Zeichen, dass auch bei Europas wichtigstem Mittelmeerverbündeten die Islamisierung der Gesellschaft voranschreitet.

Nun kann der 62-jährige Benkirane damit rechnen, von König Mohammed für weitere fünf Jahre zum Ministerpräsidenten ernannt zu werden. Benkirane wurde 2011 erster islamistischer Regierungschef Marokkos. Der Monarch, der immer noch in fast allen Angelegenheiten das letzte Wort hat, muss laut Verfassung einen Regierungschef aus den Reihen der stärksten Partei ernennen.

Da wird König Mohammed, 53, dessen Verhältnis zu den Islamisten zuletzt zunehmend gespannt war, vermutlich keine andere Wahl haben, als den früheren Physiklehrer wieder zum Premier zu küren. „Die Kampagne gegen uns hat nicht funktioniert“, sagte ein PJD- Parteisprecher. Die PJD hatte vor der Wahl kritisiert, dass der Palast versuche, den Aufstieg der Islamisten zu bremsen. Etwa durch Förderung der säkularen Partei der Authentizität und Modernität (PAM), die im Jahr 2008 von Königsberater Fouad Ali El Himma gegründet worden war. In der Tat wurde die „Königspartei“ zweitstärkste Bewegung in Marokko sowie größte Oppositionspartei. x Islamisten und die königsnahe Oppositionspartei sind derart verfeindet, dass Benkirane eine Zusammenarbeit ausschloss. An Herausforderungen mangelt es Benkiranes neuer Regierung nicht, die sich freilich in allen wichtigen Fragen mit dem allmächtigen König arrangieren muss: Laut Weltbank stehen in den Städten 40 Prozent der jungen Marokkaner unter 25 Jahren ohne Job auf der Straße – viele wollen nach Europa.

Milliarden werden in Prestigeobjekte des Palastes gesteckt, zum Beispiel in ein Schienennetz für Hochgeschwindigkeitszüge, während es an Schulen und Gesundheitszentren fehlt, Lebensmittelzuschüsse gestrichen werden und die Korruption blüht. Die große Armut, vor allem in der Provinz, treibt islamistischen Extremisten Nachwuchs in die Arme. Rund 1500 Marokkaner sollen inzwischen in den Reihen der IS-Terrormiliz in Syrien und Irak kämpfen. Er wolle weiter versuchen, Reformen in Gang zu setzten, sagt Benkirane – natürlich „unter Führung ihrer Majestät“.

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