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Auf 700 Quadratkilometern entsteht nur 50 Kilometer von Kairo entfernt eine neue Verwaltungshauptstadt.

© Khaled Elfiqi/picture alliance / dpa

9,3 Milliarden Euro aus Peking: Wie China seinen Einfluss in Ägypten und dem Nahen Osten ausbaut

Präsident Sisi baut sich eine teure, neue Hauptstadt. Kritiker werfen ihm vor, er gebe Geld mit vollen Händen aus, das eigentlich die Bevölkerung braucht.

Das größte Parlamentsgebäude des Nahen Ostens, der höchste Wolkenkratzer Afrikas, der höchste Flaggenmast der Welt – östlich von Kairo entsteht auf 700 Quadratkilometern eine neue Hauptstadt für Ägyptens Regierung und Verwaltung. Die Stadt, die noch keinen Namen hat, soll bis kommendes Jahr fertig sein.

Kritiker werfen Präsident Abdel Fattah al Sisi eine teure Großmannssucht vor. Das Projekt demonstriert aber auch den wachsenden Einfluss Chinas im Nahen Osten.

Bei einem Besuch auf der Baustelle rund 50 Kilometer außerhalb von Kairo ließ sich Sisi kürzlich über den Fortschritt der Arbeiten informieren. Alles an der neuen Verwaltungshauptstadt ist riesig. Die zentrale Moschee soll Platz für mehr als 100.000 Gläubige bieten und Minarette von 140 Metern Höhe erhalten.

Sisi stellte die Pläne für die neue Stadt im Jahr 2015 vor, zwei Jahre nachdem er durch einen Staatsstreich gegen den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi an die Macht gekommen war. Mit dem Infrastrukturprojekt, das rund 250.000 Menschen beschäftigt, will der Präsident die ägyptische Wirtschaft ankurbeln.

Neue Stadt, neue Straßen, neues Präsidentenbüro

Die fast 50 Milliarden Euro teure neue Stadt gehört zu einem Rahmenplan, mit dem Sisi sein Land bis zum Jahr 2030 moderner machen, die Armut bekämpfen und Umweltprobleme lösen will.

Im Juni will Sisi sein Präsidentenbüro in die neue Stadt verlegen, doch in Zukunft werden nach den Plänen der Behörden rund 6,5 Millionen Menschen in der neuen Stadt leben und arbeiten. Sie soll das benachbarte Kairo mit seinen 20 Millionen Menschen und seinen chronisch verstopften Straßen entlasten.

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Der Gedanke, mit einer Neugründung die stark zentralisierte Besiedlung des Lands zu entzerren, leuchtet auf den ersten Blick ein: Mehr als 90 Millionen der mehr als 100 Millionen Einwohner von Ägypten leben auf nur vier Prozent der Landfläche.

Schon unter dem früheren Präsidenten Hosni Mubarak versuchten die ägyptischen Behörden, mit einem ehrgeizigen Projekt außerhalb von Kairo Abhilfe zu schaffen. „Neu-Kairo“ heißt die Siedlung, die für fünf Millionen Menschen gebaut wurde. Sie zählt bis heute nur 300 000 Einwohner.

Eine viel zu teure Stadt für eine viel zu arme Bevölkerung

Ähnliches könnte auch Sisis Traumstadt blühen, sagen Skeptiker. Angesichts der Tatsache, dass jeder dritte Ägypter mit weniger als 1,20 Euro am Tag auskommen muss, stellt sich die Frage, wer sich die Neubauwohnungen in Sisis Hauptstadt leisten kann.

Andere Kritiker werfen dem Präsidenten vor, er gebe in der neuen Stadt mit vollen Händen das Geld aus, das in der Coronakrise gebraucht werde. Ein Kolumnist merkte schon 2015 an, mit den Milliardensummen könnten die Probleme Kairos gelöst werden, ohne dass eine neue Stadt gebaut werden müsse.

Chinesische Bauarbeiter ziehen den geplanten "Iconic Tower" der künftigen Verwaltungshauptstadt Ägyptens hoch.
Chinesische Bauarbeiter ziehen den geplanten "Iconic Tower" der künftigen Verwaltungshauptstadt Ägyptens hoch.

© Amr Abdallah Dalsh/REUTERS

Sisi treibt sein Projekt trotzdem voran. Im Januar stellten chinesische Arbeiter den ersten von 20 Bürotürmen im geplanten Geschäftsviertel fertig. Die Arbeiten an einem der Prachtstücke des Projekts gehen nach chinesischen Angaben ebenfalls rasch voran.

Das chinesische Unternehmen CSCEC, die größte Baufirma der Welt, arbeitet am „Iconic Tower“, der mit 385 Metern das höchste Haus Afrikas werden soll.

China investiert in den nahen Osten

Das Bürogebäude illustriert die wichtige Rolle Chinas in dem Projekt. Bis zum Jahr 2027 will Peking insgesamt 9,3 Milliarden Euro in Sisis Stadt stecken, das wäre ein Fünftel der Gesamtkosten. Laut chinesischen Medienberichten ist China außerdem der größte Investor bei der Erweiterung des Suez-Kanals, die ebenfalls zu Sisis Modernisierungsprogramm gehört.

Auch in anderen Ländern des Nahen Ostens ist China aktiv. Dabei geht es der Führung in Peking erstens um die Sicherung der eigenen Energieversorgung. Fünf der zehn größten Öl-Lieferanten Chinas liegen in der Region. Zweitens sieht China im Nahen Osten gute Investitionsmöglichkeiten.

Drittens streckt die Volksrepublik auch sicherheitspolitisch die Fühler aus, etwa mit der Errichtung eines Militärstützpunkts in Dschibuti 2016, der ersten chinesischen Militärbasis im Ausland. Chinas Vorstoß in der Region ist in vollem Gange.

Der Iran plant ein Grundsatzabkommen mit China, das Teheran in den kommenden 25 Jahren chinesische Investitionen von 400 Milliarden Dollar bringen soll. In den Vereinigten Arabischen Emiraten betreibt die chinesische Reederei Cosco einen Güterhafen, im benachbarten Oman investiert China neun Milliarden Euro, in Saudi-Arabien sind es 23 Milliarden.

In Chinas strategischem Plan für eine Neue Seidenstraße – das Programm „Belt and Road Initiative“ (BRI) – ist der Nahe Osten als Scharnier zwischen Asien, Afrika und Europa wichtig. Chinas Präsenz in der Region wird deshalb weiter wachsen, besonders in Ägypten.

Das Land ist für die Führung in Peking besonders bedeutend, weil der Suez-Kanal für den weltweiten Verkehr von Container-Frachtern unverzichtbar ist. Sisis neue Hauptstadt bietet eine gute Gelegenheit, sich der ägyptischen Regierung zu empfehlen.

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