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Kanzlerin zu Besuch. Angela Merkel am Montag beim BND.

© Hannibal Hanschke/dpa

60 Jahre BND: Alles unter Kontrolle?

Der BND feiert seinen 60. Geburtstag. Die Herausforderungen sind gewaltig. Und die Kanzlerin gibt ihm Aufgaben auf den Weg.

Von Frank Jansen

Der Bundesnachrichtendienst gibt sich cool. Den Festakt zum 60-jährigen Bestehen hält die Behörde in Berlin an einem ungewöhnlichen Ort und betont nüchtern ab, Selbstsicherheit statt Selbstbeweihräucherung scheint das Motto zu sein. Der BND hat ins tiefste Kreuzberg geladen, Angst vor Krawall autonomer Geheimdiensthasser gibt es offenbar nicht. Im ehemaligen Umspannwerk, ein dunkler, hip modernisierter Backsteinbau, kommen am Montag die Nachrichtendienstler und ihre Gäste zusammen. Höhepunkt ist der Auftritt der Bundeskanzlerin, BND-Präsident Bruno Kahl begnügt sich mit einer kurzen Begrüßung und beendet den Festakt mit dem Hinweis auf das Buffet „im Keller“. So viel Coolness geht altgedienten Kämpen aus der Sicherheitscommunity dann doch zu weit. „Nicht mal eine Fahne der Bundesrepublik steht hier“, mault einer. Einen Tick patriotischer hätte man sich den BND beim Jubiläum schon gewünscht.

Die frappierende Sachlichkeit ist offenbar der neue Stil der Behörde, die ihren 50. Geburtstag noch mit Kammerorchester und Nationalhymne gefeiert hatte. Angela Merkel fühlt sich jedoch in der schmucklosen Halle, in der einst wuchtige Generatoren brummten, offenkundig wohl. Die Kanzlerin dekliniert munter, und wie es ihre Art ist, sachte belehrend, worum sich der BND kümmern muss. Die Lage im Irak sei „äußerst prekär“, die in Syrien „eine einzige Katastrophe“, die in der Ukraine sieht Merkel „mit großen Sorgen“. Dann kommt noch das „erhebliche Bedrohungspotenzial“ durch Cyberspionage hinzu. Merkel pikt zudem ein wenig den BND, als sie dem NSA-Untersuchungsausschuss, der den Dienst mächtig nervt, auch „positive Effekte“ bescheinigt, wegen der Auseinandersetzung „mit den juristischen Grundlagen der Arbeit der Nachrichtendienste“. Dennoch wird die Kanzlerin, die eilig weiter muss, mit warmem Applaus verabschiedet.

Das Jahr endet gut für den Dienst

Der BND strahlt beim Festakt Selbstsicherheit aus, weil das Jahr ganz gut endet. Der abrupte Wechsel an der Spitze von Gerhard Schindler zu Bruno Kahl ist in Politik und Medien längst kein Thema mehr, der NSA-Ausschuss wird angesichts der auslaufenden Legislaturperiode bald Geschichte sein, der Haushalt des BND wird üppig aufgestockt. Und: Im Oktober hat der Bundestag das neue BND-Gesetz verabschiedet, das dem Dienst mehr Rechtssicherheit, aber auch mehr Kontrolle beschert. Mit dem Kompromiss kann die Behörde leben. Und sich den Herausforderungen der Zukunft zuwenden.

Als da wären: die Modernisierung der Technik, die Sicherheitsexperten als „teilweise auf dem Niveau von Spanien“ beschreiben. Das Eindringen in verschlüsselte Kommunikation von Terroristen bei Messengerdiensten wie WhatsApp. Der Umzug in den neuen Komplex in der Berliner Chausseestraße. Und die zunehmend härtere Auseinandersetzung nicht nur mit islamistischen Terroristen, sondern auch und gerade mit russischen und chinesischen Spionen. Außerdem könnte Donald Trump als US-Präsident mit affektgeladener Politik dem Westen zusätzliche Sicherheitsprobleme einbrocken.

In Kreuzberg jedenfalls bleibt die Lage am Montag ruhig. Nur zwei Linksradikale haben mitbekommen, dass der BND mitten im alten Autonomenkiez feiert. Der Mann und die Frau halten vor dem Umspannwerk eine Fahne der „Antifaschistischen Aktion“ in den Händen, der Mann ruft auch laut „Scheiß Überwachungsstaat, scheiß BND“. Ein Polizist steht daneben und gähnt.

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