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Da wächst was: Ostdeutschland hat in den vergangenen 25 Jahren wirtschaftlich deutlich aufgeholt.

© dpa

25 Jahre deutsche Einheit: "Ein zweites Wirtschaftswunder"

Deutschlands Ökonomen ziehen 25 Jahre nach der friedlichen Wiedervereinigung eine positive Bilanz. Ostdeutschland hat aufgeholt und ist im europäischen Mittelfeld angekommen. Doch ein massives Problem bleibt.

25 Jahre nach dem Mauerfall haben sich der Lebensstandard und die Wirtschaftsleistung in Ostdeutschland so gut entwickelt, dass man nach Ansicht von Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der staatlichen KfW-Bankengruppe von einem "zweiten deutschen Wirtschaftswunder" sprechen kann. Das gigantische Umbauvorhaben der bankrotten DDR-Planwirtschaft in eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft sei eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Ostdeutschland gehöre heute zum Mittelfeld Europas und stehe erheblich besser da als die anderen ehemaligen sozialistischen Staaten, sagte Zeuner am Dienstag bei der Vorstellung der Studie "In der Normalität angekommen – Deutschland 25 Jahr nach dem Mauerfall". Sorgen machen ihm allerdings die hohe Arbeitslosigkeit und der Bevölkerungsschwund zwischen Ostsee und Erzgebirge.

Wirtschaftsleistung in 25 Jahren rund verdoppelt

Zeuner vergleicht die Entwicklung im Osten Deutschlands mit der Entwicklung in Westdeutschland zu Zeiten des Wirtschaftswunders. Von 1991 bis 1997 sei das Sozialprodukt pro Kopf in Ostdeutschland genauso stark gewachsen wie in Westdeutschland zwischen 1950 und 1956. Um einen groben Vergleich zu haben, betrachtet die Studie die Phase in Ostdeutschland zwischen 1991 und 2013 und im Westen zwischen 1959 und 1981. Die DDR sei 1991 etwa auf dem technologischen Niveau der Bundesrepublik von 1959 gewesen, macht Zeuner unter anderem mit dem Verweis auf den Trabbi deutlich. "So betrachtet haben beide Teile Deutschlands ihre Wirtschaftsleistung in 25 Jahren rund verdoppelt."

2013 lag das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der Studie zufolge im Osten bei 17 700 Euro und damit bei 84 Prozent des West-Niveaus. 1993 seien es nur 53 Prozent gewesen. Die regionalen Unterschiede in Deutschland sind nach den Worten Zeuners heute geringer als im Schnitt der größten westlichen Industrieländer.

Um dieser Entwicklung den Weg zu bereiten, waren hohe Investitionen notwendig. "Nach der Wende flossen durch Unternehmen, Kommunen und private Bauherren rund 1,6 Billionen Euro für Investitionen in den Aufbau Ost", sagt Zeuner. All das hat zwar in Zeuners Augen zu einem Wirtschaftswunder geführt, die hohe Arbeitslosigkeit aber nur bedingt beseitigt. "Sie bleibt das gravierendste wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Problem in Ostdeutschland." 2005 habe die offene Arbeitslosigkeit mit 1,6 Millionen Menschen ihren Höchststand erreicht. Die Arbeitslosenquote hatte bei 18 Prozent gelegen. Ende 2013 gab es im Osten Deutschlands immer noch 870.000 Menschen ohne feste Stelle, dazu waren rund 258 000 in Maßnahmen der staatlichen Arbeitsförderung.

Abwanderung und niedrige Geburtenrate

Auch bei der Produktivität, bei Innovationen und bei Forschung und Entwicklung hinkt Ostdeutschland noch hinterher. Das liege auch daran, dass es dort weniger große Unternehmen gibt als im Westen. Sorgen bereitet Zeuner die schrumpfende Bevölkerung. Bedingt durch Abwanderung und die niedrige Geburtenrate habe Ostdeutschland seit 1991 bereits 15 Prozent seiner Bevölkerung verloren. Dieser Prozess werde sich wahrscheinlich fortsetzen. Wobei nicht nur Westdeutschland profitiert. "Vor allem der ,Speckgürtel’ um Berlin dürfte entgegen dem allgemeinen Trend bis 2030 noch an Bevölkerung gewinnen."

Zeuner hält nichts davon, die Förderungen und Investitionen künftig allein auf Ostdeutschland zu konzentrieren. "Förderung muss am Bedarf orientiert sein, um zu wirken. Regionalförderung sollte künftig nicht mehr nach Himmelsrichtung vorgenommen werden. Wir sollten gesamtdeutsch denken." Dafür sollte künftig der Solidaritätszuschlag eingesetzt werden, der erhalten bleiben müsse.

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