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Die Angeklagte Beate Zschäpe neben ihrem Anwalt Mathias Grasel.

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Update

235. Tag im NSU-Prozess: Wohlleben und Zschäpe verlangen Aussetzung des Prozesses

Die Anwälte von Ralf Wohlleben und ein Anwalt von Beate Zschäpe haben die Aussetzung des NSU-Prozesses beantragt. Die Kluft zwischen Zschäpes Verteidigern wird tiefer.

Von Frank Jansen

Der Riss zwischen den Verteidigern von Beate Zschäpe wird tiefer – und das versuchen die Anwälte des mitangeklagten Ralf Wohlleben zu nutzen. Die Verteidiger des Ex-NPD-Funktionärs haben am Donnerstag im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München einen Antrag auf Aussetzung der Verhandlung gestellt, da Zschäpe nicht mehr ordnungsgemäß verteidigt werde.

Der Senat solle zudem "für eine sachgerechte Regelung der Verteidigung" Zschäpes sorgen und den  Haftbefehl gegen Wohlleben aufheben, sagte Anwalt Wolfram Nahrath, ehemals "Bundesführer" der verbotenen Neonazi-Truppe "Wiking Jugend". Aus Sicht Nahraths und seiner Kollegen ist nicht auszuschließen, dass Zschäpe sich bei einer „effektiven Verteidigung“ anders verhalten würde und dies „Auswirkungen“ auf die Verteidigung Wohllebens hätte. Zschäpe schweigt beharrlich, Wohlleben allerdings auch.

Zschäpes neuer Anwalt Mathias Grasel schloss sich dem Antrag der Verteidiger Wohllebens an. Ein klarer Affront gegen die drei weiteren Anwälte. Von ihnen waren am Donnerstag nur Wolfgang Heer und Anja Sturm anwesend, sie reagierten kopfschüttelnd auf das gemeinsame Vorgehen von Grasel und Wohllebens Verteidigern.

Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl unterbrach am Mittag die Verhandlung, sie wird kommende Woche fortgesetzt. Dass es zu einer Aussetzung des Verfahrens mit einem dann nötigen Neustart komme, sei allerdings unwahrscheinlich, sagten mehrere Anwälte dem Tagesspiegel. Allenfalls sei eine kurze Unterbrechung zu erwarten, damit Grasel, der erst seit Juli an dem Prozess teilnimmt, sich noch besser einarbeiten kann.

Als Anlass für den Antrag auf Aussetzung der Verhandlung nannte Wohllebens Verteidiger Nahrath den Antrag, den Heer und Sturm am Mittwoch gestellt hatten. Die beiden Anwälte hatten Götzl mehrere Fragen zu der von ihm zu verantwortenden Beiordnung des Phantom-Opfers „Meral Keskin“ als Nebenklägerin gestellt und dienstliche Äußerungen verlangt. Nachdem Heer das Papier verlesen hatte, zeigte sich Grasel überrascht. Der Antrag sei weder ihm noch Zschäpe bekannt gewesen, sagte der Anwalt. Er beklagte dann auch, die drei anderen Verteidiger hätten ihm bis heute nicht ihre Mitschriften der Prozesstage gegeben, die er nicht miterlebt hatte.

Probleme unter den Anwälten

Der 6. Strafsenat hatte Grasel im Juli als vierten Pflichtverteidiger berufen, nachdem Zschäpe sich mit den drei anderen Anwälten überworfen hatte. Zschäpe redet auch nicht mit mehr Heer, Sturm und Wolfgang Stahl. Und die Kommunikation zwischen den dreien und Grasel ist mager. Wohllebens Anwälte halten Zschäpe für „nicht ordnungsgemäß“ verteidigt und sehen darin einen Grund für eine Revision gegen das zu erwartende Urteil im NSU-Prozess.

Möglicherweise kommt der Dissens zwischen den Verteidigern Zschäpes den Anwälten Wohllebens gelegen. Ein hartes Urteil gegen den Angeklagten ist wahrscheinlich, nachdem der Strafsenat und zuletzt auch der Bundesgerichtshof mit ausführlichen Begründungen eine Entlassung Wohllebens aus der Untersuchungshaft abgelehnt hatten.

Die Richter in München und Karlsruhe halten Wohlleben für dringend verdächtig, bei der Beschaffung der Mordwaffe Ceska 83 für die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Eine Aussetzung des Prozesses und eine halbwegs plausibler Revisionsgrund gegen das Urteil gegen alle fünf Angeklagten wären demnach durchaus im Sinne von Wohllebens Verteidigern.

Beide Szenarien sind jedoch kaum zu erwarten. Richter Götzl hat schon bei  früheren Krisen um Beate Zschäpe demonstriert, dass er keinesfalls daran denkt, die Hauptverhandlung platzen zu lassen. Und er hat die bisherige Beweisaufnahme derart akribisch gestaltet, dass ein revisionssicheres Urteil fast schon zwingend erscheint.     

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