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Die Angeklagte Beate Zschäpe wird am 208. Prozesstag in den Verhandlungssaal geführt.

© Marc Müller/dpa

208. Verhandlungstag im NSU-Prozess: Terrorzelle hatte vermutlich größeres Waffenarsenal

Das Waffenarsenal des NSU war womöglich noch größer als bislang der Öffentlichkeit bekannt war. Das legt die Aussage eines Schusswaffenexperten des Bundeskriminalamtes nahe, der am Dienstag im NSU-Prozess gehört wurde.

Von Frank Jansen

Bei der Untersuchung eines Teils der Munition der Terrorzelle hat das Bundeskriminalamt festgestellt, dass Patronen und Hülsen vermutlich aus vier Waffen abgefeuert wurden – von denen jedoch drei nicht zu ermitteln waren. Das sagte am Dienstag ein Schusswaffenexperte des BKA im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München. Die Polizei hatte nach dem Ende der Terrorzelle im November 2011 insgesamt 20 Waffen sichergestellt. Nur einer von ihnen konnte das BKA eine der untersuchten Hülsen zuordnen. Demnach könnten die rechtsextremen Terroristen sogar über 23 Waffen oder noch mehr verfügt haben. Außerdem hatte der NSU laut Anklage zuletzt mehr als 1600 Schuss scharfe Munition.

In dem Gutachten, das der BKA-Mann erstellt hatte, ist von mehr als 60 Hülsen, Patronen und Geschossen die Rede. Bei der einen Hülse ließ sich nachweisen, dass sie aus einer Pistole Bruni Modell 315, Kaliber 6,35 Millimeter Browning, verschossen worden war. Die Bruni nutzten die NSU-Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bei zwei der neun Attentate auf Migranten als weitere Waffe neben der durchgängig eingesetzten Pistole Ceska 83.

Mit der Bruni und der Ceska erschossen die Neonazis am 9. September 2000 in Nürnberg den türkischen Blumenhändler Enver Simsek und am 27. Juni 2001 in Hamburg den Türken Süleyman Tasköprü in seinem Gemüsegeschäft. Woher die Terrorzelle die Bruni hatte, eine umgebaute Schreckschusspistole, ist allerdings ebenfalls unbekannt. Das gilt auch für weitere Waffen des NSU.

Bei der Ceska 83 konnten BKA und Bundesanwaltschaft mühsam eine Lieferkette von der Schweiz aus zum NSU rekonstruieren. Über mehrere Hintermänner gelangte die Waffe zu einem der Angeklagten im NSU-Prozess, Carsten S.. Er hat zu Beginn der Hauptverhandlung gestanden, im Frühjahr 2000 die Ceska von Jena nach Chemnitz zu den sich dort versteckt haltenden Mundlos und Böhnhardt gebracht zu haben.

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