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Ratko Mladic (Archivbild aus dem Jahr 1995).

© dpa

16 Jahre nach Srebrenica: Ratko Mladic festgenommen

Der serbische Staatschef Boris Tadic hat die Verhaftung von Serbengeneral Ratko Mladic bestätigt. Mladic soll für die schwersten Kriegsverbrechen in Europa seit 1945 verantwortlich sein und wird an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag überstellt.

Nach mehr als 15 Jahren auf der Flucht ist der als Kriegsverbrecher gesuchte frühere bosnisch-serbische General Ratko Mladic in Serbien gefasst worden. „Im Namen der Republik Serbien teile ich mit, dass Ratko Mladic verhaftet wurde“, sagte Präsident Boris Tadic am Donnerstag in Belgrad. Jetzt könne Serbien „ein unrühmliches Kapitel seiner jüngeren Geschichte“ abschließen. Mladic wird unter anderem für das Massaker von Srebrenica mit rund 8000 Toten verantwortlich gemacht. Eine Spezialeinheit des serbischen Geheimdienstes nachm Mladic am frühen Donnerstagmorgen auf einem Bauernof im Dorf Lazarevo bei Zrenjanin in Nordserbien fest. Medienberichten aus Belgrad zufolge hatte sich Mladic dort seit mehreren Jahren unter dem Namen Milorad Komadic bei einem Verwandten versteckt.

Präsident Tadic kündigte an, der Ex-General werde „in Kürze“ an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag überstellt. Die Dauer des Verfahrens hängt davon ab, ob Mladic gegen eine Überstellung Rechtsmittel einlege, sagte der Staatsanwalt zur Ahndung von Kriegsverbrechen, Bruno Vekaric, am Donnerstag. Der Staatssekretär im Justizministerium, Slobodan Homen, sagte, Mladic werde derzeit einem Untersuchungsrichter vorgeführt, der ihm die gegen ihn erhobenen Vorwürfe verlesen werde. Sollte der Richter die Überstellung nach Den Haag anordnen und sollte Mladic dagegen keine Rechtsmittel einlegen, könnte der 69-Jährige binnen Stunden in ein Flugzeug Richtung Niederlande gesetzt werden. Dies galt aber als unwahrscheinlich.

Die jahrelang auf sich wartende lassende Festnahme von Mladic galt als eines der größten Hindernisse bei den Bemühungen Belgrads um eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Entsprechend stellte Tadic klar, dass Belgrad nun als Gegenleistung für die Verhaftung von Mladic einen zügigen EU-Beitritt erwarte. „Ich hoffe, dass jetzt die Türen offen stehen“, sagte der Präsident. Die EU hat Serbien für die Verhaftung von Ratko Mladic gelobt, zugleich aber weitere Reformen vor dem Beginn von Verhandlungen über einen EU-Beitritt gefordert. „Ein großes Hindernis auf dem Weg Serbiens zur EU ist beseitigt“, sagte EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle am Donnerstag in Brüssel. „Heute hat Serbien eine wichtige internationale Verpflichtung erfüllt“, sagte er. „Morgen muss mit diesem neuen Schwung die Arbeit an Reformen intensiviert werden, damit die Kommission im Herbst eine positive Stellungnahme abgeben kann.“

„Die Gerechtigkeit hat gesiegt“, sagte Semir Guzin, Rechtsvertreter der Vereinigung „Mütter von Srebrenica“, in einem BBC-Interview. Guzin vertritt die Hinterbliebenen des Massakers, bei dem im Sommer 1995 serbische Soldaten nach der Eroberung der UN-Schutzzone Srebrenica rund 8000 muslimische Männer und Jugendliche ermordet und in Massengräbern verscharrt hatten. Auch wenn der Prozess noch bevorstehe, sei mit der Festnahme schon viel erreicht. „Zumindest haben wir die Hoffnung, dass Mladic bekommt, was er verdient“, sagte Guzin.

„Es hat zwar mehr als 15 Jahre gedauert, aber jetzt haben die Menschen, die gelitten haben, die Hoffnung, dass er vor Gericht gestellt wird“, sagte in London Widney Brown von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Für UN-Chefankläger Serge Brammertz hatte die Festnahme größte Bedeutung für die Opfer der Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien. „Heute ist ein bedeutender Tag für internationale Gerechtigkeit“, sagte Brammertz.

Details zur Festnahme wollte Präsident Tadic nicht preisgeben. „Das werden die Vertreter der Sicherheitsbehörden tun“, sagte er. Der frühere General der bosnischen Serben wird neben dem Massaker von Srebrenica auch für die jahrelange Belagerung von Sarajevo und die vielen Toten in der bosnischen Hauptstadt vernatwortlich gemacht. Mladic war nach Kriegsende 1996 untergetaucht. Zuletzt war in Serbien ein Kopfgeld in Höhe von zehn Millionen Euro ausgesetzt, die USA hatten zusätzliche fünf Millionen Dollar für seine Ergreifung ausgelobt. (mit dpa)

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