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Chinas starker Mann Xi Jinping

© Imago/Xinhua/Ju Peng

100 Jahre Kommunistische Partei: Xi Jinping beschwört die nationale Wiedergeburt Chinas

Präsident Xi Jinping bekräftigt zum Geburtstag der KPCh die Großmachtansprüche Chinas. Beim Rückblick offenbart sich Geschichtsklitterung. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gregor Dotzauer

Der Himmel über dem Tiananmen-Platz wollte an diesem ersten Juli kein Einsehen haben. Aber die Begeisterungsstürme, die rund 70.000 geladene Gäste zum 100. Geburtstag der Kommunistischen Partei Chinas durch Peking hallen ließen, hatten Sonne gar nicht nötig. Strahlender, als die Geschicke der Nation hier gezeichnet wurden, konnte es nicht werden.

Xi Jinping, Generalsekretär der Partei, Vorsitzender der Zentralen Militärkommission und Präsident der Volksrepublik in einem, formulierte in seiner gut einstündigen Rede zwar keinen einzigen originellen Gedanken. Er knüpfte mit gebetsmühlenartigen Beschwörungen der „nationalen Wiedergeburt“ jedoch nahtlos an die Rhetorik zum 70. Jahrestag der Gründung der Republik im Jahr 2019 an – und an die Großmachtansprüche, die er 2012 mit dem Begriff des „Chinesischen Traums“ begründet hatte.

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Es ist vorschnell, das angesichts aktueller Spannungen auf stille Drohungen gegenüber Hongkong und Macau zu reduzieren – und auf lautstarke Heimholungsdrohungen gegenüber Taiwan. Man kann den umfassenden Machtanspruch der Partei nur verstehen, wenn man mit Xi die demütigende Vorgeschichte dieser Wiedergeburt rekapituliert.

Die Opiumkriege des Kaiserreichs gegen die Engländer. Den als Taiping-Aufstand bekannten internen Bürgerkrieg zwischen der Qing-Dynastie und ethnischen Minderheiten, der bis zu 30 Millionen Menschen das Leben kostete. Oder den Boxer-Aufstand an der Wende zum 20. Jahrhundert, in dem eine koloniale Allianz, an der auch das Deutsche Reich und der Erzfeind Japan beteiligt waren, China unterjochte.

Zugleich muss man sich klar darüber sein, was Xi unterschlägt. Die Hungersnot des „Großen Sprungs nach vorn“. Das Blutvergießen der Kulturrevolution. Ereignisse, deren Verschweigen gerade in ausdrücklicher Würdigung von Mao Zedong mit offenem Blick auf das ikonische Gemälde des Großen Vorsitzenden unterhalb der Balustrade am Eingang zur Verbotenen Stadt, gewagt wirkt.

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In China scheint diese Art von Geschichtsklitterung zu funktionieren - wie ja auch das Tiananmen-Massaker tabuisiert wird Schließlich fragt auch niemand, was es mit dem Marxismus-Leninismus auf sich hat, den Chinas KP nach der Oktoberrevolution aus Russland importierte. Vom heute herrschenden autoritären Staats- und Parteibuch-Kapitalismus ist er denkbar weit entfernt.

Der von Xi gepriesene „Sozialismus mit chinesischen Eigenheiten“ zeigt in der Armutsbekämpfung allerdings tatsächlich Erfolge. Sie werden propagandistisch leider nur allzu gerne mit menschenrechtlichen Einschränkungen verknüpft – auch wenn zu Beginn der Zeremonie 100 mal 56 Kanonenschüsse allen ethnischen Minderheiten Tribut zollten.

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