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Mit einer emotionalen Rede setzte sich Günther Jauch, hier im Bild mit Mäzen Hasso Plattner, für das Projekt Kunsthalle ein.

© dpa

Pläne des Mäzens Plattner: Potsdam macht mobil für die Kunsthalle

Der Jubel kannte keine Grenzen: Im Streit um das Projekt Kunsthalle haben die Befürworter der Pläne mobil gemacht - und Mäzen Hasso Plattner offenbar überzeugt, an seinen Ideen festzuhalten. Eine emotionale Rede hielt Moderator Günther Jauch.

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Mäzen Hasso Plattner macht den Potsdamern wieder Hoffnung. Als er um kurz nach 20 Uhr die Worte sprach, „an mir soll es nicht liegen“, kannte der Jubel auf dem Alten Markt keine Grenzen. Bei einer Demonstration mit gut tausend Teilnehmern signalisierte der Mitbegründer des Software-Unternehmens SAP, dass er die Kunsthalle nun doch am Standort des heutigen Mercure-Hotels bauen könnte. Die Begeisterung für sein Projekt einer Kunsthalle anstelle des Mercure-Hotels, manifestiert von rund 1000 Potsdamern, angeführt von den Prominenten Günther Jauch, Wolfgang Joop und Nadja Uhl, hatte den Mäzen sichtlich bewegt. „Eine so überwältigende Demo habe ich nicht erwartet, schönen Dank“, sagte der Milliardär.

Wenn alle Konflikte mit der Weißen Flotte und auch die Probleme mit dem Hotel gelöst seien, „dann soll es nicht an mir liegen“, sagte Plattner. Offenbar war es den Demonstranten gelungen, den Mäzen zum Umdenken zu bewegen. Erst vor einer knappen Woche hatte er bekanntgegeben, die Kunsthalle nicht im Lustgarten, ja, überhaupt nicht in der Innenstadt, sondern auf seinem eigenen Grundstück am Campus Jungfernsee bauen zu wollen. Als Gründe hatte er unter anderem Probleme mit der Verlagerung der Weißen Flotte, Kritik an dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen im Mercure-Hotel und nicht zuletzt die Kritik jener genannt, die im Abriss des Hotels den Verlust „eines Stückes DDR-Geschichte“ sehen.

„Heute sehe ich, das sind nur ganz wenige. Ich habe total überschätzt, wie viele dagegen sind“, rief Plattner den Gegendemonstranten zu. Als deren Zwischenrufe niedergebuht wurden, witzelte der Mäzen: „Diese Abstimmung haben Sie verloren.“ Auch die Rathausspitze hatte wie berichtet hinter den Kulissen fieberhaft daran gearbeitet, Lösungen für die Probleme zu finden. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gab explizit das Versprechen ab, Plattner werde sich nicht um Verhandlungen mit der Weissen Flotte kümmern müssen. Die Stadt werde eine Lösung für das Unternehmen finden. „Die Weisse Flotte unterstützt das Projekt Kunsthalle im Lustgarten, und zwar am Standort des Mercure-Hotels“, versicherte Flottenchef Jan Lehmann unter dem Beifall der Anwesenden. Das Unternehmen sei bereit, das alte Hafengebäude abreißen zu lassen – unter der Voraussetzung, dass in unmittelbarer Nähe und am Wasser Ersatz geschaffen werde.

Plattner sagte, dass die Standortfrage eine Sache der Stadt Potsdam sei, aber einige Probleme hätten sich „über Nacht wie durch ein Wunder“ erledigt. Zugleich ließ sich Plattner aber offenbar auch von den Potsdamern selbst umstimmen. Ihn hätten die Kommentare verletzt, er wolle sich ein Mausoleum bauen. „Mit Blick auf rund 20 Gegendemonstranten erklärte er: „Wenn ein paar mir das unterstellen, dann muss ich damit leben, wenn es so wenige sind“.

„Die Tür ist wieder ein Stück weit offen“, sagte Jakobs. Diejenigen Potsdamer, für die eine Kunsthalle in den Lustgarten gehört, hätten sich bislang zu wenig öffentlich zu Wort gemeldet. „Das ist mit dem heutigen Tag anders geworden“, sagte Jakobs. Die Demonstration nannte er beeindruckend und ein wichtiges Zeichen für eine Kunsthalle im Lustgarten. „Wenn wir denn uns einig sind, dass das der richtige Standort, dann lassen sich die anderen Probleme relativ schnell lösen“, sagte der Oberbürgermeister. Die Probleme um Baurechte mit der Weißen Flotte am Standort an der Havel würden nicht Plattner überlassen, „die lösen wir dann als Stadt“, sagte Jakobs. Noch in dieser Woche werde es weitere Gespräche für eine nachhaltige Lösung geben, damit die Weiße Flotte weiter arbeiten könne und der Kunsthalle nicht im Weg steht. „Herr Plattner, Sie brauchen sich um die Weiße Flotte nicht mehr zu kümmern“, sagte der Rathauschef.

Hasso Plattner
Hasso Plattner

© Manfred Thomas

Weil für die Kunsthalle das Hotel abgerissen werden muss, habe er mit Kammern und Hotelgewerbe eine Beschäftigungsgarantie für die Potsdamer Mercure-Beschäftigten ausgehandelt. „Das ist eine große solidarische Leistung“, sagte Jakobs. Zudem soll in der Speicherstadt ein großes Hotel entstehen, um die Kapazität an Gästebetten zu erhalten. „Hier wird es bald entsprechende Zusagen geben“, so Jakobs.

Zuvor hatte eine nie dagewesene Allianz der prominenten Potsdamer leidenschaftliche und pointierte Plädoyers für eine Kunsthalle im Lustgarten gehalten. „Eine Kunsthalle mit DDR-Kunst ist ein würdigeres Denkmal für unser sein als so ein verpupstes Hotel“, sagte die in der DDR aufgewachsene Potsdamer Schauspielerin Nadja Uhl. Ihr Berufskollege Jörg Hartmann („Weissensee“) zitierte gar Martin Luther King: „Ich habe einen Traum. Ich träume davon, in vier oder fünf Jahren in diese Kunsthalle zu gehen, die eine Einladung ist, den Lustgarten zu betreten, kein Riegel, sondern eine Brücke, die das Schloss und den Garten miteinander verbindet.“

Die vielleicht emotionalste Rede hielt Günther Jauch (lesen Sie seine Rede hier in Auszügen). Der TV-Moderator und Wahl-Potsdamer reagierte auch gelassen auf die Anwürfe der Gegendemonstranten: „Einen kriegt ihr ja immer zusammen“, kommentierte er die geringe Zahl der Protestler ironisch. „Dass dieser Kasten hier nicht hingehört, sieht jeder städtebaulich einigermaßen sensible Mensch“, sagte er mit Blick auf das Mercure-Hotel.
Auch viele andere engagierte Potsdamer richteten flammende Appelle an den Mäzen. „Erwarten Sie bitte nicht 100 Prozent Zustimmung, das wäre Dikatur“, sagte die Fotografin Monika Schulz-Fieguth. „Aber die Mehrheit der Potsdamer steht hinter Ihnen, lieber Herr Plattner.“ Galeristin Ute Samtleben, Mitglied des Bürgervereins Freies Tor, zitierte sinngemäß den großen Baumeister Knobelsdorff, für dessen historische Fassade des Landtagsschlosses Plattner 20 Millionen Euro gespendet hat: „Die meisten Sünden können korrigiert werden, nur die Bausünden nicht.“ Nun könne die Bausünde Mercure-Hotel doch korrigiert werden und es bestehe die Chance auf ein städtebaulich harmonisches Ensemble an der Havel. Sie appellierte an Plattner, nicht auf die Ewiggestrigen zu hören. Barbara Kuster von der Bürgerinitiative Mitteschön, die die Demo kurzfristig organisiert hatte, zeigte sich überwältigt von der gesellschaftlichen Bandbreite bei der Demo: „Ganz, ganz toll finde ich das.“

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