zum Hauptinhalt
Lou Hampel und Armin Chodziski beim #generalsalon im Ruinengarten der UdK Berlin.

© Raphael Fischer-Dieskau

Offenes Netzwerk für Ideen: Nomadische Salonkultur an der UdK Berlin

Im #generalsalon nimmt sich jeder Raum

Geheimnisvoll schimmert der Ruinengarten des UdK-Gebäudes in der Hardenbergstraße in der Abenddämmerung. Es ist ein warmer Montagabend im Mai. Vereinzelt sitzen Studierende auf dem Rasen vor ihren Ateliers, ein junger Mann verharrt barfüßig in einer Yoga-Position. „Bei gutem Wetter im Garten“ steht auf einem Aushang im Eingang des ehemaligen Hauptgebäudes. Also hält man Ausschau nach Lichterkette, Zelt, Fahne und dem Wifona Disco Center. Laut Facebook und Instagram alles Erkennungszeichen des wandernden Generalsalons.

Siehe da, an einer der Steinwände rankt neben dem roten Rosenstrauch eine bunte Lichterkette. Daneben eine mit den Lettern „SG“ – für „Studium Generale“ – bestickte orangefarbene Fahne, davor der wie ein DJ-Tisch aufgebaute Wifona Plattenspieler. Gedämpft vernimmt man „One is the loneliest number“ von Three Dog Night, die Erkennungsmusik des Generalsalons. Ohne wie ein Wartender auszusehen, erwartet ein hoch gewachsener Herr in azurblauem Karo-Anzug, bordeauxroten Wildlederschuhen und mit kassettenförmiger Metall-Gürtelschnalle seine Salongäste. Es ist Armin Chodzinski, seit diesem Semester Gastprofessor im Studium Generale, dem studiengangübergreifenden Basisprogramm der UdK Berlin. Streng genommen versteht er sich aber nicht als Gastgeber, sondern als Organisator eines neuen, offenen Formats. „Ich weiß nicht, wie viele heute kommen“, sagt er. Es kann alles passieren.

Nach und nach trudeln immer mehr Leute ein. Manche gucken neugierig, bleiben auf Abstand. Dann holen auch sie Stühle und Knabbereien und setzen sich in die Runde. Als um die 20 Personen - Studierende und Lehrende aller Fachrichtungen – halbkreisförmig um das Disco Center sitzen, steht Chodzinski auf, zieht sich das Karo-Jackett aus und eine weiße Sportjacke an. „Als Gastgeber, der ich ja nun doch bin“, kommentiert er mit Ernsthaftigkeit, aber nicht frei von Augenzwinkern, „ziehe ich mir die an. Sie ist aus der Adidas Originals Serie und trägt den Namen Franz Beckenbauer.“ Die Jacke steht für einen der bekanntesten Sprüche des „Fußballkaisers“: „Schaun mer mal“.

Diskussion um Fotografie und Hikikomori

Schaun mer mal. Diese Attitüde hat sich der Performance-erprobte Künstler Chodzinski heute auf den Leib geschrieben. „Der Generalsalon ist ein Raum, der von jedem genommen und gestaltet werden kann“, erklärt er. Heute sind es Gudrun Herrbold, Theaterregisseurin und Dozentin im Studium Generale, und Lou Hampel, Studentin der Bildenden Kunst. Von einer Übung zum Biografischen Erinnern, die Herrbold vorbereitet hat, geht es weiter zu einer 42-tägigen „Reise um mein Zimmer“ von Xavier de Maistre, aus der Hampel bei Einbruch der Dunkelheit vorliest. Aus diesem Plädoyer für die Fantasie entspinnt sich eine Diskussion um Fotografie und das japanische Phänomen der Hikikomori: Menschen, die sich in ihrem Zimmer einschließen und die soziale Isolation suchen.

Arthur Rusanovsky, Violine-Student und Gast des Generalsalons, ist begeistert: „Ich lasse mich gerne inspirieren und beschäftige mich mit Themen, die nicht auf den ersten Blick mit Musik zu tun haben. In dieser Zeit übe ich zwar nicht meine Sonate, aber morgen kann ich vielleicht mit neuem Ausdruck oder neuer Inspiration improvisieren.“ Beim kommenden Salon möchte Rusanovsky den Impuls geben – mit Musik und künstlerischem Manifest .

Die Teilnahme am Generalsalon ist freiwillig. Über Hashtags auf Instagram, Facebook und Twitter erfährt man seine wandernden Orte. „Strictly for everyone“, so steht es auf der Facebook-Seite des Studium Generale. Der Generalsalon: ein multidisziplinärer, experimenteller Raum für Fragen, Ideen und Gespräche. Ein Netzwerk, das jeder mitgestalten kann.

Zur Startseite