zum Hauptinhalt
Lebenswandel. Mit zehn Jahren verließ Mohammed Jaber die Schule, wurde Schuhmacher. Lesen und Schreiben – und schließlich das Denken – hat er im israelischen Gefängnis gelernt.

© Lissy Kaufmann

Nahost-Konflikt: Der Scheich und die Liebe

Der Hass zieht wieder durch die Straßen des Westjordanlandes. Ein früherer Terrorist aber predigt Frieden – und provoziert damit. Unser Blendle-Tipp.

Es sind keine guten Zeiten, um Liebe zu predigen. Auch nicht für einen wie ihn. Mohammed Jaber, ein Mann wie ein Bär, zwei Meter groß und mit Händen so breit und kräftig, dass er jemandem damit den Hals umdrehen könnte. Aber so etwas macht er nicht mehr.

Sheikh wird er von seinen Getreuen genannt, ein arabischer Ehrentitel, wie ihn Gelehrte tragen. Leute wie Jaber, der hier in seiner Heimatstadt Hebron im Westjordanland seine kleine Gemeinde und jeden, der ihm im Internet folgen will, darin unterrichtet, dass man alle lieben muss. Alle, die Christen, die Juden, die Muslime.

Aber nicht heute. Heute sitzt er barfuß im Schneidersitz auf seinem riesigen, U-förmigen, türkisfarbenen Sofa und erzählt von seiner Mission und davon, wie er von einem Terroristen zu einem Mann des Friedens geworden ist. Denn würde er – Sheikh Jaber, 49 Jahre alt, neun Kinder von zwei Frauen und Schuster von Beruf – jetzt rausgehen und seine Botschaft der Liebe verkünden, sie würden ihn lynchen, da ist er ganz sicher.

Eine abgeriegelte Altstadt, ein abgesagtes Gebet

Der Hass ist zurück auf den Straßen des Westjordanlandes und auf denen Jerusalems – oder: Wenn er denn je weg gewesen sein sollte, so ist er wieder einmal unübersehbar geworden. Mitte Juli erschossen muslimische Angreifer zwei israelische Polizisten am Jerusalemer Tempelberg. Sicherheitskräfte riegelten daraufhin die Altstadt ab, das Freitagsgebet in der Al-Aksa-Moschee wurde abgesagt, Metalldetektoren am Zugang zum Tempelberg aufgestellt. Israel verfügte eine Zugangsbeschränkung – nur noch Männer über 50 durften durch.

Islamische Autoritäten verurteilten dies, der heilige Boden dort müsse unangetastet bleiben. Eine Woche nach dem Mord wurden vier Palästinenser bei gewalttätigen Protesten gegen die neuen Tempelberg-Regeln getötet. Am gleichen Tag erstach ein palästinensischer Attentäter drei Israelis in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland. Der Kreislauf aus Hass und Gewalt und den Reaktionen darauf ist wieder dort angekommen, wo er schon oft gewesen ist: Dort, wo die Ausschreitungen, Verletzten und Toten um den Tempelberg Befürchtungen wecken, dass der Aufruhr wieder ...

Den vollständigen Text lesen Sie für 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

Zur Startseite