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Small Steps. Big Impact. Zalandos neue Kampagne für Nachhaltigkeit.

© Benjamin Vnuk

Zalando: Showtreppe zur Nachhaltigkeit

Zalando will nicht mehr Teil des Problems sein. Deshalb fängt der Onlinehändler jetzt an zu kompensieren.

„Do More“. In riesigen Sperrholzlettern scheint Zalando die Mitarbeiter in seinem Headquarter anzutreiben, mehr zu geben, damit das ehrgeizige Ziel von 20 Milliarden Euro Handelsvolumen bis zum Jahr 2023 erreicht wird. Tatsächlich handelt es sich jedoch um das Motto der neuen Nachhaltigkeitsstrategie des Onlinehändlers, das auf der repräsentativen Treppe im futuristischen Lichthof prangt. Den ganzen Tag wurde die Fachpresse bei den Press Days 2019 an der Installation vorbeigeschickt, damit sich auch ja einprägt: Wachstum und Nachhaltigkeit gehen bei Zalando zusammen.

Deutliche Müllreduzierung, Verzicht auf Plastikverpackungen, mehr nachhaltige Produkte, die Eigenmarke Zign wird zum Vorzeige-Ökolabel umgebaut – Zalando springt reichlich spät auf den Nachhaltigkeitszug auf. Deshalb überraschte am vergangenen Mittwoch die Nachricht: „Ab heute ist Zalando klimaneutral.“ Wie geht das von heute auf morgen?

Kleine Schritte, große Wirkung - so ist die Kampagne betitelt

Zunächst bekannte Zalandos Co-Chef Rubin Ritter, dass sein persönlicher bei CO2-Fußabdruck bei 40 Tonnen läge, etwa drei Mal so hoch wie der des Durchschnittseuropäers. Schuld wäre zum Beispiel ein Flug nach Japan. Unter 1,5 Tonnen sollten es sein, um die Klimaerwärmung aufhalten zu können. Und genauso, wie er als Privatmann die Flugmeilen kompensiere, mache es Zalando. Solange sich der CO2-Ausstoß nicht verhindern lässt, zahlt die Firma, zum Beispiel für Aufforstung in Äthiopien. Kompensationen wird Zalando noch eine ganze Weile leisten müssen. Der CO2-Ausstoß 2018 ließ sich bei Sendungen und Retouren, zwar um 16 Prozent verringern, die Anzahl der größenbedingten Retouren, weiterhin eines der größten Probleme der Onlinehändler, aber nur um 4 Prozent.

Ritter verkauft die Kompensationszahlungen als Beschleunigung des Transformationsprozesses zum Schrittmacher eines nachhaltigen Textilhandels. Man kann die Strategie allerdings auch so verstehen: Ruhig weiterkonsumieren, Zalando zahlt für eure Sünden. Dazu passt die begleitende Influencer-Kampagne „Small Steps. Big Impact“. Sie verspricht, dass, nachdem das Gesamtsortiment durch Wahl des Nachhaltigkeitsbutton auf 20 000 Produkte mit einem von Zalando definierten Nachhaltigkeitsmerkmal eingeschränkt wurde, wieder in den „voll schön“-Modus umgeschaltet werden darf. Einfach mal anfangen mit dem nachhaltigen Shoppen, Zalando ist so viel netter als Greta.

Spiderman muss als Zitatgeber herhalten

Passend dazu erzählt Zalando-Mitbegründer David Schneider, er leide daran, dass seine neunjährige Tochter so über das Plastik in Zalando-Sendungen schimpft. Die Führungsriege präsentiert sich als verantwortungsbewusste Väter, aber im Grunde noch immer als die Jungs vom „Schrei vor Glück“-Start-up.

André Reichel, Professor für nachhaltiges Management, zitiert unterdessen Spiderman: „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung“. Er sieht eine große Zukunft für die Zalando-Superhelden. Die Firma sei eine von ganz wenigen großen Dienstleistern einer nachhaltigeren Zukunft. Damit einher gehe eine Verpflichtung zur Lobby-Arbeit in der Politik. In einer Zeit, in der diese ihr Meta-Siegel „Grüner Knopf“ in der Bedeutungslosigkeit versinken lässt, drohen Moderiesen wie Zalando zu bestimmen, was die Mehrheit der Konsumentinnen und Konsumenten unter Nachhaltigkeit versteht.

Ingolf Patz

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