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Streifen sind Lara Krudes liebste Muster.

© promo

Nachhaltige Mode: Kompromisslos: Lara Krude

Lara Krude erfüllt alle Bedingungen, um die Bannerträgerin der nachhaltigen Modebewegung zu werden. Doch die Designerin will sich nicht vereinnahmen lassen.

Lara Krude könnte es sich leichter machen. Schließlich erfüllt die Hamburgerin, die seit 2018 ihr Label führt, alle Kriterien, um als Bannerträgerin des progressiven Zeitgeistes in der Mode aufzutreten. Ihre Stoffe werden in kleinen europäischen Manufakturen nach ökologischen Standards gefertigt, dem hektischen Saisonrhythmus und kurzlebigen, zum schnellen Wegwerfen verführenden Trends mag sie nicht folgen und konventionelle weibliche Schönheitsideale bedeuten ihr erst recht nichts.

Kurzum: Die 32-Jährige verkörpert jene Werte, die inzwischen auch die Marketingabteilungen von Luxusmodehäusern und Massenanbietern mehr oder weniger überzeugend propagieren, um eine zunehmend kritische Kundschaft zu ködern. Angesichts dieser Authentizität ließe sich leicht ein gefälliges Image aufbauen. Doch so tickt Lara Krude nicht. Ihr Ansatz ist zu persönlich, um sich vereinnahmen zu lassen, selbst von einer Bewegung, deren moralische Anliegen sie im Grunde teilt.

Allen Menschen soll es genauso gut gehen wie mir

„Ich bin mittlerweile ein bisschen empfindlich, was diesen Nachhaltigkeits-Stempel angeht“, sagt die Designerin, die aus einer Schneiderfamilie stammt und von klein auf handwerkliche Qualität zu schätzen lernte. „Für mich ist es selbstverständlich, so zu arbeiten. Sobald ich Ressourcen nutze, habe ich die Verantwortung, das so gut wie möglich zu machen und zu schauen, dass es allen Menschen, die in die Produktionskette involviert sind, genauso gut geht wie mir.“

Für ihre Entwürfe bevorzugt Lara Krude die weniger plakative Bezeichnung Slow Fashion. „Es geht mir um Entschleunigung“, erläutert sie. „Ich habe mich nicht hingesetzt und gesagt: Ich will ein nachhaltiges Label gründen. Ich will Produkte machen, die zeitlos sind und die höchste Qualität haben, die ich hinbekommen kann.“

Die Designerin kann es sich leisten, nicht auf den Faktor Nachhaltigkeit abzuheben. Ihre schnörkellosen Entwürfe aus Baumwolle, Seide und Leinen sind auch ohne moralischen Mehrwert stark genug. Wiederkehrende Streifenmotive auf weißem Grund sorgen für eine sommerliche Leichtigkeit, die oft voluminösen Formen sind gleichzeitig bequem und klar strukturiert.

Lara Krude in ihrem Atelier in Hamburg.
Lara Krude in ihrem Atelier in Hamburg.

© promo

Während des Studiums an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg entwickelte Krude eine Vorliebe für japanisches Design und die Philosophie des Ma, die dem Raum zwischen Trägerin und Kleidung besondere Bedeutung zugesteht. „Diese Herangehensweise hat mich schon immer begeistert“, sagt sie. „Dort wird der Körper nicht wie im westlichen Verständnis nachgezeichnet.“ So definiert sie ihre Zielgruppe auch nicht anhand von vermeintlich idealen Maßen. Wichtiger ist ihr die Persönlichkeit der potenziellen Käuferin. Das spiegelt sich auch in ihren Schnitten wider, die den Körper umspielen und nicht aufreizend in Szene setzen.

Dass sie früh eine Handschrift entwickelte, führt Krude auf die Abwesenheit von Instagram zurück. „Darüber bin ich froh, weil wir so frei waren. Die Sachen, die ich in den ersten Semestern gemacht habe, hatten nichts mit Mode zu tun.“ Als Dozentin an ihrer alten Hochschule kennt sie inzwischen den Einfluss der sozialen Medien: „In einem meiner Kurse haben mir Studierende immer Laufstegbilder von irgendwelchen Schauen gezeigt und gesagt: So soll das werden“, erzählt sie. Darauf antwortete sie: „Pack das weg. Ich will sehen, was du denkst.“

2017 gewann Lara Krude einen wichtigen Nachwuchspreis

Trotz aller Eigenständigkeit hatte Lara Krude nicht vor, sich selbstständig zu machen. Direkt nach dem Abschluss suchte sie eine Anstellung in Mailand. Nach einigem Klinkenputzen landete sie im Menswear-Designteam der Marke Ports 1961 und lernte dort zwei Jahre lang die harten Seiten des Berufs kennen: „Vor den Schauen war ich 22 Stunden im Büro, habe zu Hause eine halbe Stunde geschlafen und bin wieder zur Arbeit gegangen.“ Erst nach ihrem Sieg beim Nachwuchswettbewerb „Designer for Tomorrow“ 2017 entschloss sie sich, ein Label zu gründen.

Lara Krude mag japanisches Design.
Lara Krude mag japanisches Design.

© promo

Krude hat mit den gleichen Problemen zu kämpfen wie viele Nachwuchsdesigner. „Der deutsche Handel glaubt nicht so sehr an deutsche Marken“, sagt sie. Hoffnung macht ihr die Resonanz im eigenen Onlineshop: „Die Kundinnen sind total offen und finden das spannend. Ich würde mir wünschen, dass der Handel da mitgeht und auch ein bisschen offener wird.“

Vorerst setzt sie auf ihren selbst organisierten Showroom während der Fashion Week in Paris. Dort wird Lara Krude Ende Februar in einer Hotelsuite zusammen mit der Schmuckdesignerin Anne Manns ihre Entwürfe internationalen Einkäufern vorführen: „Als deutscher Designer muss man im Ausland ein König werden, um im eigenen Land gekauft zu werden.“

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