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Mode - Newcomerin Ava Darling: „Zickenkriege sind etwas für Fernsehsendungen.“

Ava Dahlem erobert als Model die Laufstege der Welt. In Paris lief die Newcomerin für Dior. Dabei hebt die 17-Jährige erstaunlich wenig ab.

Die Frage, ob sie sich privat auch für Mode interessiert, erübrigt sich als Ava Dahlem die Räume ihrer Berliner Agentur betritt. Sie trägt eine schwarze Schlaghose zur schwarzen Samtjacke, spitze Loafer, eine violette Bluse mit auffallendem Kragen und in der Hand eine große weiße Tüte mit Givenchy-Schriftzug. Die sehr schlanke 17-Jährige ist eine elegante Erscheinung und es verwundert nicht, dass sie seit ihrem zwölften Lebensjahr regelmäßig von Modelscouts auf der Straße angesprochen wurde. Sie hatte allerdings lange kein Interesse daran, Model zu werden. Statt Germany’s Next Topmodel sah sie lieber Filme von Lars von Trier oder Roman Polanski und ging mit ihren Freunden aus dem Kunst-Leistungskurs in Ausstellungen.

Erst als ein Anruf von ihrer heutigen Agentur Izaio kam, wo ein Freund sie ohne ihr Wissen vorgestellt hatte, überlegte sie es sich anders. Sie war mittlerweile 16. Langsam hocharbeiten musste sie sich nicht, gleich der erste Job kam von Vogue. Dennoch hatte die Schule Priorität. „Anders hätten meine Eltern es gar nicht erlaubt“, sagt Ava. Im Sommer hat sie Abitur gemacht, dann konnte es losgehen. Und wie es losging! 14 Schauen hat sie auf den gerade zu Ende gegangenen Fashion Weeks in London, Mailand und Paris absolviert, sämtliche großen Designer wollten ihre Entwürfe von dem 1,80 Meter großen Mädchen mit den langen dunklen Haaren über den Laufsteg tragen lassen. Sie lief unter anderem für Marni, Dries van Noten, Christopher Kane, Givenchy und Dior.

Es ist selten, dass ein Model aus dem Stand gleich international so gefragt ist. „Wir sind sehr stolz auf Ava, dass sie gleich in mehreren Städten so erfolgreich ist“, sagt Izaio-Chefin Cornelia Bartsch. Wundern tut sie sich aber nicht. „Ava hat perfekte Maße, sie ist klassisch schön und hat doch besondere Features.“

Schönheit und Erfolg als Model hängen ihrer Meinung nach nur bedingt zusammen

Ava selbst antwortet auf die Frage nach ihrem Erfolg ganz unaufgeregt. „Darüber sollte man nicht zu viel nachdenken. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich noch nie gesehen wurde.“ Schönheit und Erfolg als Model hängen ihrer Meinung nach nur bedingt zusammen. „Schönheit ist letzten Endes nicht definierbar und schon gar nicht vergleichbar. Ob man gebucht wird, hängt von so vielen Dingen ab, den Casting-Direktoren, der Saison, der Kollektion, die gezeigt werden soll.“

Manche Models wirken ohne Schminke und Rampenlicht eher unscheinbar, Ava nicht. Sie zieht die Blicke auf sich. Ihre großen dunklen Augen und der herzförmige Mund erinnern an die Stummfilmstars der 20er Jahre. In interessantem Kontrast dazu stehen die buschigen Augenbrauen und die Sommersprossen. Avas Schönheit wirkt nostalgisch und zeitgenössisch zugleich. Wenn sie spricht, bleibt ihre Stimme ruhig, fast bedächtig, die langen schmalen Hände hat sie vor sich auf dem Tisch übereinandergelegt.

Die Arbeit auf den Laufstegen hat ihr viel Spaß gemacht, erzählt sie. Nur bei der ersten Show war sie nervös, später gar nicht mehr. Sie ist nicht hingefallen, es gab keine peinlichen Momente. Das Leben aus dem Koffer hat ihr nicht viel ausgemacht und mit den anderen Models hat sie sich gut verstanden. „Zickenkriege“, sagt Ava, „sind etwas für Fernsehsendungen.“ Am besten am Job gefällt ihr, dass man so viel erlebt, immer wieder neue Leute kennenlernt, je nach Kollektion eine ganz andere Stimmung verkörpert. „Das hat etwas von Schauspielen, das mag ich.“

Ava kauft gerne ein, besonders in Secondhand-Läden, wo sie ganz besondere Teile aussucht

Und dann ist da natürlich noch die Mode. Seit sie klein war, interessiert sie sich dafür. Schon als Mädchen hat sie das Foto ihrer Großmutter bewundert, auf dem diese mit 50er-Jahre-Frisur und ganz in Prada gekleidet vor dem Kamin posiert. Ava kauft gerne ein, besonders in Secondhand-Läden, wo sie ganz besondere Teile aussucht. Persönlich am besten hat ihr die Kollektion von Olivier Theyskens gefallen. „Da hätte ich alles auch privat angezogen.“ Und ein langer Mantel von Givenchy. Regelrecht ins Schwärmen gerät sie, wenn sie von den Entwürfen von Alessandro Michele für Gucci spricht. „Das erinnert mich an meine Kindheit, es ist pure Illusion, hier hat sich jemand ausgedrückt, ohne Grenzen zu setzen.“

Die Klamotten hat sich die Heranwachsende eher aus dem Kleiderschrank des Vaters geborgt als aus dem der Mutter. Sie liebte seine Hemdensammlung, besonders die Hawaii-Hemden, die sie als Kleid trug. Ihre Eltern waren zunächst nicht begeistert von der Idee, dass ihre Tochter Model werden wollte. „Aber sie kennen mich ja und sind meinen Entscheidungen gegenüber offen. Sie vertrauen mir“, sagt Ava.

Das können sie wohl auch, vernünftig und souverän wie ihre Tochter ist. Vielen Mädchen würde ein so schneller Erfolg vielleicht zu Kopf steigen. Ava nicht.

„Ich kann den Erfolg ja nicht beeinflussen. Genauso schnell wie man oben ist, ist man auch wieder unten. Man darf das nicht persönlich nehmen“, sagt sie.

So lange es ihr so viel Spaß macht und es so gut für sie läuft, will sie mit dem Modeln weitermachen. Wenn sie eines Tages genug hat, möchte sie Regie studieren, am liebsten in Babelsberg. Musikvideos würde sie gerne drehen, weil sie den Dialog von Musik und Bewegung toll findet. Bei den meisten Shows und Foto-Shoots werden inzwischen auch kleine Filme gedreht und Ava hält Augen und Ohren offen, zum Beispiel bei den Lichttests. „Wenn du zuhörst, kriegst du viel mit.“

Das nächste Ziel ist New York, da war sie nämlich noch nie. Bei Izaio ist man zuversichtlich, dass sie bei der nächsten Fashion Week in New York dabei sein wird. Anfragen gibt es auf jeden Fall genug, die die Agentur sorgfältig abwägt. „Wir werden ihr Gesicht auf jeden Fall exklusiv halten“, sagt Olga Musonov, die Ava betreut. „Qualität geht vor Quantität.“

Und dann klappt es bestimmt auch bald mit dem Cover der französischen Vogue. „Das“, sagt Ava, die Paris als ihre Lieblingsstadt nennt, „wäre das Ultimative.“

Bettina Homann

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