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Dieses Outfit ist von Jan (27). Er schreibt dazu: „Wild und bunt – das steht jedem!“

© Jana Gerbering

Die fünfte Kollektion von People Berlin: Mode aus dem geschützten Raum

Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen haben Mode entworfen, die erstaunlich elaboriert daher kommt.

Wenn man die Kleidung an den Holzbügeln über die Stange schiebt, fallen zuerst die kleinen Kärtchen auf. „Rock oder Hose? Eigentlich auch egal!“, schreibt Hotaru zu ihrer Kreation. Narscha hat ihren Entwurf mit der Botschaft „Was man darf oder nicht, das entscheide Ich!“ kommentiert. Ganz links hängt ein schlichtes schwarzes Baumwollkleid mit asymmetrischen Trägern, daneben ein lässiges, hellbraunes Oversize-Hemd mit hochgeschlossenem Kragen aus demselben Material. Auch der fliederfarbene, gerade geschnittene Rock hebt sich ab. Das Muster darauf: Smileys und eine Telefonnummer. Es wirkt, als hätte sie jemand mit einem dicken Marker darauf verewigt. Die Kleidung ist durchweg gut verarbeitet und besteht aus hochwertigen Materialien. Schwer zu glauben, dass dahinter Designer:innen stecken, die vorher noch nie Mode gemacht haben.

Zum fünften Mal arbeiten die Designerinnen Ayleen Meissner und Cornelia Zoller mit einem Team von Jugendlichen, die suchtmittelabhängig, psychisch erkrankt oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind, an einer Kollektion von Mode und Accessoires. In der Kollektion mit dem Titel „The Void“ gibt es zum ersten Mal Damen-und Herrenmode. Mit der Arbeit soll ein sicherer Raum für die jungen Menschen entstehen, deren Stimmen sonst nicht gehört werden. Deshalb sind von den Designer:innen auch nur Vornamen und Alter bekannt.

Für fünf Wochen kann man die Entwürfe nun in der Kreuzberger Manteuffelstraße kaufen. In der Nachbarschaft reihen sich Boutiquen an Dönerbuden neben Spätis und Kindergärten. Wie auch im Viertel treffen bei dem Projekt Welten aufeinander. Trotzdem oder gerade deswegen wirken die Einzelstücke im schicken Laden von „Folkdays“ nicht fremd.

Für die beiden Designerinnen, die sich an der schnelllebigen und oberflächlichen Modebranche stören, ist dieses Projekt eine Möglichkeit, etwas zurückzugeben. Über die Jahre ist es zu einem Austausch zwischen Hipstern, wohlhabenden Kunden und den jungen Protagonisten gekommen. So stellten beide Parteien fest: Vorurteile bestätigen sich eher selten. Menschen mit Job und Handyketten müssen nicht spießig und Jugendliche, die in prekäre Umstände geraten sind, nicht unmotiviert und faul sein. Und natürlich ist die Freude riesig, wenn für das eigene Design eine Menge Geld gezahlt wird.

Bis 23. Oktober, Manteuffelstr. 19 in Kreuzberg, Mo–Fr, 12–19 Uhr. Sa 12–18 Uhr. 100 Prozent des Erlöses fließen zurück in das Projekt.

Antonia Herbort

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