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Im Haus von Eric Lloyd Wright in Malibu entstand der Modefilm von Marcell Pustul.

© Courtesy of Marcell von Berlin

Das Berliner Label Marcell von Berlin: Die nächste Party kommt bestimmt

Marcell Pustul bezeichnet sich als Gewinner der Krise. Er hat einen Shop in Los Angeles, kleidet Lady Gaga ein und zeigt auf der New York Fashion Week.

In Los Angeles scheint die Sonne auf den Tisch, an dem Marcell Pustul um acht Uhr morgens sein erstes Zoom-Interview gibt. Der Berliner Designer hat sich den perfekten Ort ausgesucht, um mit seiner Mode zu überwintern. Seit September ist er in Los Angeles, um seine Marke „Marcell von Berlin“ in den USA bekannt zu machen. Was ihm gut zu gelingen scheint. Für seine letzte Frühjahrskollektion modelte die Schauspielerin Teri Hatcher (Desperate Housewives), Jennifer Lopez trug seinen Hoodie und gerade zeigte sich Lady Gaga in einem Jeanskleid von ihm auf Instagram. Seit dieser Saison ist er Teil der New York Fashion Week. Ein Gespräch über Gewinner der Krise und die Bedeutung von Statussymbolen.

Nehmen Sie zum ersten Mal an der New York Fashion Week teil?

Ja, das war sehr spontan. Ich habe noch nie Fashion Shows gemacht, das hat für meine Marke keine Priorität. Aber dieses Mal wurden wir gefragt. Wir haben einen Modefilm in Malibu mit einem Regisseur und Kameramann gemacht, der normalerweise für Netflix produziert. Dazu kam Nicola Formichetti, der Stylist von Lady Gaga. Wir haben uns eine tolle Story ausgedacht.

War es ein Vorteil, dass Sie normalerweise nicht in Modenschau-Formaten denken?

Während der Pandemiezeit wollen es alle bequem haben, Marcell von Berlin ist das Gegenteil. Ich mache glamouröse Kleider und will auch nicht davon abweichen. Als Designer muss man sich treu bleiben, die Pandemie wird irgendwann vorbei sein. Deshalb wollte ich unbedingt den Moment zeigen, wenn die Türen wieder aufgehen. Du siehst dieses fantastische leere Haus von Eric Lloyd Wright und die glamourösen Models mit den XXL-Hüten, in Pailletten und Anzügen, die Lust darauf machen, wieder nach draußen zu gehen und sich zu feiern.

Sie glauben also, dass sich die Menschen bald wieder in Schale werfen?

Ich glaube, wir wollen das alle. Wir sitzen zu Hause, sind abhängig von dieser Situation. Viele meiner jungen Kundinnen sagen: Ich will raus, ich will auf die Straße und meine schicken Klamotten anziehen. Das wird wild!

Der Stylist Nicola Formichetti hat mit am Film für die New York Fashion Week gearbeitet.
Der Stylist Nicola Formichetti hat mit am Film für die New York Fashion Week gearbeitet.

© Courtesy of Marcell von Berlin

In Ihrer Frühlingskollektion gibt es ja durchaus Hoodies und T-Shirts. Werden die durch noch mehr Pailletten ersetzt?

Dieses Mal gibt es keine Hoodies, sondern viel Leder, viele Anzüge. Die Muster sind reduzierter, dafür haben wir knallige Farben wie Pink, Blau und Grün. Wir sind mehr in den Partymodus als in den bequemen Streetstyle gegangen.

Gibt es noch die Späti-Ecke mit Süßigkeiten und Bier in Ihrem Laden?

Ja klar, aber wir bauen die gerad. Das wird eine Späti-Ecke mit Unterwäsche, Düften und Büchern über Berlin.

Ist der Shop in Los Angeles geschlossen?

Nein, zum Glück nicht, wir hatten nur drei Monate zu, als die Pandemie hier krass gewütet hat. Ich bin im September nach Los Angeles gekommen, da war der Shop schon auf. In drei Wochen eröffnen wir unser Café im Shop mit einem Innenhof. Im Moment dürfen die Restaurants nur draußen bedienen.

Marcel Pustul, 33, wuchs in Katowice in Polen auf und lebt heute in Berlin und Los Angeles.
Marcel Pustul, 33, wuchs in Katowice in Polen auf und lebt heute in Berlin und Los Angeles.

© Brian Kaminski

Das heißt, Sie konzentrieren sich jetzt erst einmal auf Los Angeles?

In Deutschland ist ja alles zu, auch mein Geschäft an der Friedrichstraße. Ich habe diese Kollektion mit meinem Team in Berlin über Zoom entworfen. Und klar fokussieren wir uns gerade auf Los Angeles, weil es hier gut läuft. Da ist gerade eine Menge Platz frei geworden. Viele Marken haben es nicht geschafft oder machen Pause. Da bekommen wir mehr Aufmerksamkeit – wie von den Organisatoren der New York Fashion Week. In solchen Krisen gibt es immer Gewinner und Verlierer und wir gehören zu den Gewinnern. Man muss versuchen, diese Zeit so kreativ wie möglich zu überstehen.

Sie setzen darauf, in den USA mit Stars zusammenzuarbeiten.

Es hat etwas gedauert, bis wir uns den Weg zu den Stylisten und den Stars gebahnt hatten. Natürlich ist hier alles eine Nummer größer, die Schauspielerinnen spielen in Hollywood. Trotzdem sind es auch normale Menschen. Die sind dankbar, schöne Sachen zu tragen.

Diese Zusammenarbeit ist wichtig für Ihre Marke?

Ja, in den USA geht alles darüber, wer deine Klamotten trägt. Wenn die Leute sehen, Kris Jenner hat deine Tasche gepostet, kommen sie und kaufen genau diese Tasche.

Neben viel Leder und Knallfarben gibt es auch Jeans in der Kollektion für den nächsten Herbst.
Neben viel Leder und Knallfarben gibt es auch Jeans in der Kollektion für den nächsten Herbst.

© Tadeusz Kieniewicz

Was hat Mode in Los Angeles für einen Stellenwert?

Alle meine Kundinnen tragen Hoodies, Leggings, Turnschuhe und Taschen von Luxusmarken. Man sieht auf den Straßen sehr wenig Leute, die sich schick anziehen. Klar, am Rodeo Drive in Beverly Hills ist das anders, aber der größte Teil der Mode ist Streetstyle.

Gehen die Menschen anders mit Mode um als in Berlin?

Hier ist Mode ein Statussymbol. Die Leute schauen genau, welche Marken du trägst. Wer teure Kleidung der Luxusmarken trägt, zeigt: Ich bin etwas Besseres als alle anderen.

Sie kommen aus einer sehr modebewussten Familie in Katowice in Polen.

Meine Großmutter war Schneiderin. Sie hat acht Kinder und viele Enkel und hat viel für uns genäht. Ich bin mit acht wunderschönen Frauen großgeworden, die sich jeden Tag selbstbewusst gekleidet und verrückte Mode ausprobiert haben. Irgendwann hat sich die Faszination für Mode und die Freude, sich schön zu machen, auf mich übertragen. Jetzt wünsche ich mir noch, dass sich auch die polnischen Männer gut anziehen.

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