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Emmanuel Macron, selbst Absolvent der Elite-Hochschule ENA.

© REUTERS/Benoit Tessier

Verwaltungshochschule ENA soll schließen: Macron greift Frankreichs Elite an

Die ENA ist zum Symbol sozialer Ungleichheit geworden. Macron will sie schließen – doch so leicht wird sich Frankreich nicht umkrempeln lassen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Tanja Kuchenbecker

Stillstand passt nicht ins Konzept von Emmanuel Macron. Doch dazu ist der französische Präsident, der als Reformer angetreten ist, seit der Pandemie verurteilt. Seine Reformen liegen auf Eis. Nun hat er angekündigt, dass er die Elite-Verwaltungshochschule ENA (École nationale d’administration) abschaffen will. Das ist ein Angriff auf die Elite des Landes und nicht nur eine Reform des Staates, Macron sprach gar von einer „Revolution“.

Die 1945 gegründete Schule, die die Elite mit weitgehenden Privilegien ausgestattet hat, ist zum Symbol der sozialen Ungleichheit geworden. An der ENA wurden alle Spitzenbeamte des Landes ausgebildet, Ex-Premierminister Edouard Philippe ebenso wie der jetzige Premier Jean Castex. Auch die drei ehemaligen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing, Jacques Chirac und François Hollande haben die Schule besucht. Macron selbst hatte die ENA als Fünftbester seines Jahrgangs abgeschlossen.

Die Idee kam nach den Protesten der Gelbwesten

Entstanden war die Idee nach den Protesten der Gelbwesten. Geschickt hat der Präsident das vor zwei Jahren abgegebene Versprechen eingelöst. Regionalwahlen stehen im Juni an, die Präsidentschaftswahlen im kommenden Frühjahr. „Die ENA ist am Ende zu einer Institution geworden, die die Individuen in Klassen einteilt“, betonte Macron.

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Die Elite-Hochschule ENA in Straßburg.
Die Elite-Hochschule ENA in Straßburg.

© REUTERS/Vincent Kessler

An ihrer Stelle soll ein Institut für den öffentlichen Dienst (ISP – Institut du Service Public) entstehen. Die neue Hochschule soll einer breiteren Bevölkerung Zugang erlauben. Das war bisher nicht der Fall, die Absolventen kamen vor allem aus wohlhabenden Familien. Von Chancengleichheit der Bewerber und sozialer Diversität der Abgänger konnte keine Rede sein.

Das gesamte Bildungssystem müsste reformiert werden

Doch so leicht wird sich Frankreich nicht umkrempeln lassen und seine Elite nicht auf angestammte Rechte verzichten wollen. Dazu müsste das gesamte französische Bildungssystem reformiert werden. Dieses ist darauf ausrichtet, die Besten frühzeitig herauszupicken. Es beginnt damit, dass es, abhängig vom Wohnviertel, gute und schlechte Schulen gibt.

Spätestens bei der Wahl des Lycées in den letzten drei Jahren der Schulzeit sind die Weichen gestellt. Nach Noten werden die Schüler verteilt, und natürlich haben Kinder aus guten Wohnvierteln und bessergestellten Familien höhere Chancen.

Weiter geht es über diverse Wettbewerbe zu Eliteschulen für Wirtschaft oder Ingenieurswesen. Die Masse wird an den Universitäten ausgebildet, von denen nur wenige einen guten Ruf haben. Macron versprach, dass sie in die neue Ausbildung einbezogen werden. Das wäre ein Anfang, wenn auch ein zaghafter. Eine Revolution ist es nicht. Doch ein gut klingendes Wahlkampfargument ist die Schließung der Elitehochschule allemal.

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