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© dpa

Sylvie Nantcha, CDU: "Ich bin eine richtige schwarze Kandidatin"

Sylvie Nantcha tritt in Freiburg für die CDU an. Die Partei brauche "eine richtige schwarze Kandidatin" ruft sie fröhlich ihren Zuhörern entgegen. Ein Porträt.

Als Sylvie Nantcha am Sonnabendvormittag in Halle A2 des Friedrichshafener Messegeländes ans Mikrofon tritt, geht ein Ruck durch den CDU-Landesparteitag. Zum ersten Mal in der Geschichte der baden-württembergischen Dauerregierungspartei bewirbt sich eine gebürtige Afrikanerin um die Position einer Beisitzerin im Landesvorstand. Und wie!

„Die CDU Baden-Württemberg braucht eine richtige schwarze Kandidatin“, ruft sie fröhlich in den Saal und heimst sofort herzlichen Beifall ein. Die verbleibenden drei Minuten reichen nicht aus, um tieferen Einblick in ihre ungewöhnliche Biografie zu geben, doch die Herzen erreicht Nantcha allemal. Als ausgezählt ist, findet sich die gebürtige Kamerunerin auf Anhieb mit 70 Prozent und dem drittbesten Ergebnis in der Führungsetage der Südwest-CDU wieder. Nantcha wollte es kaum glauben: „Ich bin überwältigt von diesem Vertrauen. Mit solch einem Ergebnis habe ich nicht gerechnet.“

Die 35-jährige Literaturwissenschaftlerin kann als Paradebeispiel für eine gelungene Integration angesehen werden. Aufgewachsen ist Sylvie Nantcha mit sieben Geschwistern „behütet“ im westafrikanischen Kamerun. Vater und Mutter bewirtschafteten drei Hotels, nie stand die Notwendigkeit einer guten Bildung zur Debatte. 1992 kam die damals 17-Jährige nach Freiburg, bestärkt von ihrem liberalen, französisch sprechenden Elternhaus, um Romanistik und Germanistik zu studieren. Die Nähe zu Frankreich und das mediterrane Klima gaben den Ausschlag für die Breisgau-Metropole.

Und in Freiburg fand Sylvie Nantcha ihren Lebensmittelpunkt. Privat, beruflich und politisch. Mit ihrem Mann, einem Afrikaner, hat sie drei Kinder zwischen fünf und neun Jahren. An der Universität wurde sie mit einem Thema aus der interkulturellen Germanistik promoviert: Unter anderem befasste sie sich mit der Darstellung afrikanischer Länder in deutschen Reiseführern. Die Erfahrung, „dass der ganze Kontinent oft in eine Schublade gesteckt wird“, viele Deutsche nur Negatives mit Afrika assoziierten, obwohl es dort auch Lebensfreude, Gelassenheit und reiche Kultur gebe, hat auch Nantcha gemacht. Aber sie hat etwas dagegen gemacht: Sie gründete 2001 den „Interkulturellen Deutsch-Afrikanischen Verein“ mit dem Vorsatz, „Afrika so breit wie möglich darzustellen“. Selbst fährt die Wahl-Freiburgerin nur noch alle zwei Jahre in die alte Heimat.

Es ist das „C“ im Kürzel ihrer Partei, das dafür verantwortlich ist, dass die bekennende Katholikin, die in der Kirchenarbeit tätig ist, nicht bei der SPD oder den Grünen gelandet ist. „Für mich ist das C in der CDU mehr als ein Buchstabe.“ Kurz vor der Kommunalwahl im vergangenen Sommer trat Sylvie Nantcha, die vor zwei Jahren Bundesbildungsministerin Annette Schavan kennengelernt hatte, den Christdemokraten bei. Und auch vor Ort waren die Schwarzen von ihr gleich angetan. Sie kam auf die Liste – und zog als erste schwarze CDU-Stadträtin Deutschlands ins Kommunalparlament ein – „eine Sensation, eine gesellschaftliche Revolution“, freute sie sich.

In „christlicher Solidarität“ will sie pragmatische Politik für Migranten machen, fest davon überzeugt, dass Parallelgesellschaften von Übel sind und „Integration sich nicht von selbst tut“. Dass Sylvie Nantchas politische Karriere Perspektiven hat, will man gern glauben. Wissenschaftsminister Peter Frankenberg philosophierte am Rande des Parteitags: „Das wäre mal eine Wissenschaftsministerin.“ 

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