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Geringverdiener und gescheiterten Selbstständigen droht trotzdem Altersarmut.

© dpa

Rentenreform der Koalition: Ein Paket mit gravierenden Schönheitsfehlern

Mit dem Rentenpaket hat die große Koalition ihre Klientel befriedigt. Doch dabei ist das große Ganze aus dem Blick geraten: Um die drohende Altersarmut unter Alleinerziehenden und Geringverdienern zu entschärfen, bleibt kein Geld mehr.

Nun ist es also durch, das Rentenpaket, und alle Beteiligten freuen sich von Herzen, ihre jeweilige Klientel befriedigt zu haben. Die SPD die ihnen nun endlich wieder wohlgesonnenen Gewerkschaften. Die Union ihre Frauenverbände und Familientraditionalisten. Die Arbeitgeber erhielten, damit sie nicht bockten, ihr Flexi-Renten-Bonbon. Und weil’s schon nicht mehr drauf ankam, gab es für die CSU sogar noch ein weiteres Häppchen:  die Rente mit 63 auch für gut betuchte Handwerksmeister, die sich ihre gesetzlichen Ansprüche mit freiwilligen Mini-Beiträgen warmgehalten haben. Na also, hat sich doch gelohnt. Eine große Koalition denkt an alle.

Koalition bringt 160 Milliarden unters Volks

Zu besichtigen war die allseitige Genugtuung am Freitag im Bundestag. Nahles lobt Kauder, CDU lobt Sozialdemokraten. Und Schwarz wie Rot schwärmen, als hätten sie sich abgesprochen, von einem „guten Tag“ für Deutschland. Passiert ja nicht eben oft, dass man 160 Milliarden Euro unters Volk bringt.

Die Schönheitsfehler darf die klein gewordene Opposition benennen. Sie tut es aber auch nur halbherzig, denn eine Umverteilung predigende Linke kann, wenn es schon mal Geld für die Rentner gibt, schlecht mit Nein stimmen. Bleiben die Grünen, die sich allein um die Nachhaltigkeit des Rentensystems sorgen dürfen. Und daran erinnern, dass hierzulande nun offenbar genau das geschieht, was man den EU-Partnern in Südosteuropa so gerne vorwirft: Wählergeschenke auf Pump zu verteilen.

War da nicht mal die Sorge vor der Altersarmut?

Tatsächlich ist den Koalitionären, um es milde zu sagen, mit der Durchsetzung ihrer Eigeninteressen das große Ganze aus dem Blick geraten. Stand bei den Rentendebatten der Vergangenheit nicht ganz anderes im Mittelpunkt als die Beglückung gut bezahlter Facharbeiter mit störungsfreier Erwerbsbiografie? Trieb die Politiker wirklich nur ein Mini-Aufschlag für alle Erziehenden im Land um, egal ob bedürftig oder nicht? War da nicht auch mal die ernsthafte Sorge vor grassierender Altersarmut? Ging es nicht zuvorderst um düstere Aussichten für Millionen Geringverdiener, Alleinerziehende und gescheiterte Selbstständige, am Lebensabend zum Sozialfall zu werden? Und hätte eine große Koalition nicht die Chance gehabt, diese Zeitbombe zu entschärfen?

Das Rentenniveau der Armutsrentner sinkt weiter

Wenn nicht alles täuscht, wird dafür dank des großzügigen Rentenpakets nun kein Geld übrig bleiben. Im Gegenteil. Für die jetzt verabschiedeten Segnungen werden auch die künftigen Armutsrentner zur Kasse gebeten. Über ihre Beiträge. Und ihr Rentenniveau sinkt weiter. Auf 43,7 Prozent im Jahr 2030, also um 0,7 Punkte stärker als ohne die Reform. So steht es im jetzt verabschiedeten Gesetz.

Das heiße nicht, dass es so kommen werde, eierte der CDU-Abgeordnete Karl Schiewerling. Er könne sich nicht vorstellen, dass eine Regierung das mal so haben wolle. Dann gab er dem Paket seinen Segen. Das ist, mit Verlaub, so ungeheuerlich wie die Ankündigungen aus den Regierungsfraktionen, das Ganze später schon noch in ihrem Sinne zu drehen. Die Rente mit 63 werde man auslaufen lassen, kündigt die Union an. Die Mütterrente werde aus Steuern bezahlt, verspricht die SPD. Alles nicht das Wahre, lautet die Botschaft. Aber erst mal wird beschlossen. Schöne Bescherung.

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