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Marcelo Rebelo de Sousa sonnt sich nach seinem Sieg.

© AFP/PATRICIA DE MELO MOREIRA

Portugals neuer Präsident: Marcelo Rebelo de Sousa wird mitreden

Der neue Staatspräsident Portugals, Marcelo Rebelo de Sousa, ist der liberale Kopf in einem sozialistischen Land. Ein Porträt.

An jedem Abend zur horário nobre, der prime-time, sprach Marcelo Rebelo de Sousa zum portugiesischen Volk. Fünfzehn Jahre lang bei Portugals zweitem Privatsender TVI, fünf Jahre lang beim öffentlich-rechtlichen RTP, währenddessen und immer wieder in Radio, Fernsehen, Zeitungen und öffentlichen Veranstaltungen als Kommentator.

Ein großer Teil der Portugiesen hörte ihm regelmäßig zu; kaum ein Mensch ist in Portugal so bekannt wie Rebelo de Sousa.

Auch in intellektuellen Kreisen ist er hoch angesehen. Professor der Rechtswissenschaften, Gründer der respektierten Wochenzeitung „Expresso“, Mitglied des Literarischen Gremiums Lissabon.

Mehr als Händeschütteln

Künftig wird seine Bekanntheit auch über die Grenzen des Landes hinaus wachsen: Der 67-jährige Marcelo Rebelo de Sousa wurde zum fünften Staatspräsidenten Portugals gewählt. Das ist ein Amt, das weit über zeremonielles Händeschütteln hinaus Gewicht in der portugiesischen – und europäischen – Politik hat.

Das Amt genießt einen hohen ideellen Wert: Im Vergleich mit dem Premier ist der Präsident fast immer der in der Bevölkerung beliebtere Politiker. Es bringt aber auch handfeste exekutive Gewalten mit sich, darunter die Befugnis, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Besonders brisant ist das deshalb, weil Rebelo de Sousa dem politisch gegensätzlichen Lager seines sozialistischen Premiers angehört.

António Costa, der Sozialist, gegen Rebelo de Sousa, den Liberalen

Der künftige Präsident ist ein katholisch Konservativer, ein überzeugter Liberaler. Schon in seiner Jugend führte er einen religiösen Wohlfahrtsverein, später war er Mitgründer der liberalen Partei PSD; sein Parteibuch trägt – wie er öfter betont – die Nummer drei. Rebelo de Sousa wird angesichts der fragilen politischen Lage auch maßgeblich bei der (Nicht-) Umsetzung der Troika-Sparpolitik mitreden.

Die sozialistische Minderheitsregierung von Premierminister António Costa, die mit der Duldung des Linksblocks regiert, hatte Ende 2015 die rigiden Sparvorgaben aus Brüssel gelockert. Bis jetzt hat Portugal noch keinen Haushalt für 2016; die EU-Finanzwächter reagierten nervös. Rebelo de Sousa betonte während seines Wahlkampfes, dass er die Pläne der Regierung zur Abschwächung des Sparprogramms zwar unterstütze. Der Blick auf die finanzielle Disziplin dürfe jedoch nicht verloren gehen.

Rebelo de Sousa ist ein Präsident, der Brüssel gefallen dürfte. Und den Portugiesen: Die Wahl hat er mit überwältigender Mehrheit gewonnen.

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