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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im Gespräch mit Staatssekretär Jörg Kukies.

© imago/photothek

Politische Verwicklungen im Wirecard-Skandal: Das Augenmerk richtet sich auf Staatssekretär Kukies

Es gab weder Zeugen noch Protokoll beim Wirecard-Besuch von Staatsekretär Kukies. Viel Zeit zur Aufklärung bleibt Finanzminister Scholz nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wahrscheinlich ist das so: Wer solche Aufgaben übernimmt wie Jörg Kukies, begibt sich von Amts wegen in Gefahr. Der beamtete Staatssekretär bei Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz muss ja (fast) alles machen.

Beispiele gefällig? Also: Er musste den „Wumms“ mit Milliarden gegen die Coronakrise administrieren, sollte und wollte vorher die Fusion der Deutschen und der Commerzbank organisieren – und schon im vergangenen Jahr die Wirecard-Sache wegdirigieren. Da kann auch mal was schief gehen. Darf aber nicht. Schon auch deshalb, weil es dann nicht allein ihn trifft.

Was Kukies und seinen Minister treffen kann: ein Untersuchungsausschuss des Bundestages zu Wirecard. Man hat den Eindruck, der Druck steigt von Tag zu Tag. Die Opposition lässt nicht locker, will dringend und drängend mehr wissen. Und bekommt doch die notwendigen Informationen aus ihrer Sicht immer noch nur unzureichend.

Hinzu kommt mittlerweile, dass die Koalitionspartner beginnen, einander in Schwierigkeiten zu bringen, nach dem Motto: Schlägst du meinen Vizekanzler, schlag´ ich deine Kanzlerin. So klingen die Hinweise der SPD in Richtung Kanzleramt und Wirtschaftsressort, wo der Merkel-Vertraute Peter Altmaier sitzt.

Kukies hat sich wenigsten gekümmert, lautet die Botschaft

Doch zunächst richtet sich das Augenmerk erst einmal auf Staatssekretär Kukies, den Scholz-Vertrauten und Sozialdemokraten aus der Investmentbanker-Branche. Da hat er einen guten Ruf. Die Verteidigungslinie ist klar: Kukies hat alles richtig gemacht – dafür die Beamten der BaFin (wohl) nicht. Wenigstens hat Kukies sich gekümmert, lautet die Botschaft.

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Was allerdings auch eine Angriffsfläche bietet, wenn’s denn so stimmt: Der beamtete Staatssekretär fährt in einer Phase, in der die Prüfgesellschaft KPMG Unregelmäßigkeiten bei Wirecard in einer Sonderprüfung festgestellt hat, in die Unternehmenszentrale nach Aschheim, um dort mit dem CEO zu sprechen? Ohne Zeugen, Begleitung, Protokoll? Das stellt man sich in solch einer brisanten Sache besser nicht vor.

Der CEO hätte ins Finanzministerium einbestellt werden müssen

Schon aus politischer Vorsicht sollte so etwas administrativ ja grundsätzlich anders laufen: Der CEO wird, wenn, ins Finanzministerium einbestellt, und dann protokolliert ein Fachbeamter mit. Um in keinem Fall den Anschein zu erwecken, der Chef wäre womöglich gewarnt worden. In diesem Fall schon gar nicht.
Kein Wunder, dass die Opposition jetzt alles genau wissen will und unruhig wird. Ihr Verdacht wird von Tag zu Tag stärker, dass sich Wirecard zu einem der größten Wirtschafts- und Finanzskandale der Bundesrepublik auswächst. Viel Zeit bleibt dem Finanzminister und seinem Staatssekretär da nicht mehr, das Gegenteil zu beweisen.

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