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"Only God Forgives" ist mehr Alptraum als Film.

© dpa

Only God Forgives: Der Unterschied zwischen Ryan Gosling und Bushido

Ryan Gosling gehört zu den beliebtesten Hollywood-Stars. Der Oscar scheint nur noch eine Frage der Zeit. Und während bei Bushido Gewalt Provokation ist, ist sie bei Ryan Gosling ein Dämon.

Wenn Sie auch finden, dass es in der vergangenen Woche vielleicht zwei Texte zu viel über Bushido gab, dann sind sie hier an der richtigen Stelle, denn es geht hier nicht um Bushido, jedenfalls nicht so richtig. Es geht um Gewalt und um Männer und um die Popkultur.

Am Donnerstag startete der Film „Only God Forgives“ des dänischen Regisseurs Nicolas Winding Refn. Ryan Gosling spielt die Hauptrolle – Regisseur und Schauspieler arbeiteten bereits für „Drive“ miteinander. „Drive“ hat einige sehr brutale, sehr harte Szenen – und wenn man mit diesen Szenen schon seine Probleme hatte, dann sollte man sich „Only God Forgives“ in keinem Fall anschauen, denn Refn und Gosling gehen hier noch ein paar Schritte weiter. Ein Film als Alptraum.

Ryan Gosling als kaputter Typ

Ryan Gosling verkörpert mit einer gewissen Hingabe kaputte Typen, für die Gewalt ein Ausweg zu sein scheint. In „Drive“ will er eigentlich nichts mehr mit Verbrechen zu tun haben, dabei war er der beste Fahrer, den sich Gangster bei ihrem Einbrüchen nur wünschen konnten, aber er will sein Geld lieber ehrlich verdienen, er hat eine Frau kennengelernt, sie hat einen Sohn, der Mann kommt gerade aus dem Knast, aber die Umstände wollen es anders, um die Frau und das Kind zu beschützen, muss sich Gosling noch einmal auf ein Verbrechen einlassen, aber es geht schief, es endet in Blut und Chaos, Gosling ist daran nicht unschuldig. In „The Place Beyond The Pines“ spielt Gosling einen Stuntman, der zufällig erfährt, dass er einen kleinen Sohn hat. Er will fortan für ihn sorgen, deshalb entscheidet er sich dafür Banken zu überfallen, aber etwas geht schief und er wird erschossen. In „Only God Forgives“ spielt er eine zwielichtige Figur aus dem Nachtleben Bangkoks, der den Tod seines Bruders rächen soll, rächen muss – und der schließlich an der Gewalt zerbricht.

women want him - men want to be him

Ryan Gosling ist ein Star und im Moment der Mann in Hollywood, auf den sich alle einigen können. Er war bereits für einen Oscar nominiert, irgendwann wird er einen bekommen, er ist noch jung. Niemand käme auf die Idee Gosling für seine Rollen, für die Art und Weise, wie er Gewalt auf der Leinwand zelebriert, anzugreifen, im Gegenteil: Erwachsene Frauen sind ein bisschen verknallt in ihn, erwachsene Männer hätten mindestens gerne seine Oberarme, über so einen sagt man: women want him – men want to be him. Er ist – auf eine gewisse Weise – eine Art Vorbild.

Es gibt mit Sicherheit Jungs, die wären gerne ein bisschen wie Bushido – es gibt bestimmt auch Mädchen, die ihn anhimmeln, aber vor allem gibt es genug Menschen, die in ihm alles andere als ein Vorbild sehen, die ihn nicht mehr mit Preisen überschütten wollen, sondern mit Strafanzeigen für das, was er in dem Lied „Stress ohne Grund“ so von sich gibt. Und dieser Text läuft jetzt nicht darauf hinaus, dass es falsch sei, mit zweierlei Maß zu messen – sondern richtig. Denn das Leben ist nicht einfach, sondern höllisch kompliziert.

Wir leben in der friedlichsten aller Gesellschaften

Bei Bushido ist Gewalt Provokation, Pose – in den Figuren, die Gosling spielt, ist Gewalt wie ein Dämon, durch den sie sich Hilflosigkeit, Erlösung versprechen. Der Evolutionspsychologe Steven Pinker hat vor zwei Jahren das Buch „Gewalt: Eine neue Geschichte der Menschheit“ veröffentlicht. Die Hauptthese: Die Gewalt ist in der Geschichte der Menschheit immer weiter zurückgegangen, wir leben in der friedlichsten aller Gesellschaften. Er nennt dafür verschiedene Gründe, unter anderem den Zivilisationsprozess während des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit wie ihn auch Norbert Elias beschrieben hat. Pinker beschreibt, wie die Aufklärung dafür sorgte, dass Gewaltherrschaft, Sklaverei und Folter geächtet wurden und wie sich die Idee der Menschenrechte etabliert hat. Und er beschäftigt sich mit der Psychologie der Gewalt, mit den „inneren Dämonen“ der menschlichen Natur wie Raublust, Streben nach Dominanz, Rache und Sadismus – und diese Dämonen müssen gebändigt werden mit den Mitteln der Empathie, der Selbstbeherrschung und der Vernunft.

In dem zum Teil überstilisierten Filmen von Ryan Gosling, vor allem in „Drive“ und in „Only God Forgives“ geht es um genau diese Bändigung – durch die Überstilisierung, das Alptraumhafte, wird die Gewalt zu etwas übertrieben Absurdem, etwas Irrealem. Bei Bushido hingegen stellt Gewalt – auch als Provokation – etwas Alltägliches, etwas Normales, etwas Menschliches dar; die Pose macht die Gewalt zudem noch zu etwas vermeintlich Gutem. Die Zivilgesellschaft tut gut daran, das nicht zu ignorieren. Denn auch wenn sie ihre inneren Dämonen erfolgreich bekämpft hat, sollte sie sich nicht alles bieten lassen.

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