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Nach Rommel: Ein guter Deutscher darf kein Nationalist sein

Erleben wir durch Filme wie "Rommel" eine Renaissance des militärisch gefärbten Patriotismus? Stephan-Andreas Casdorff warnt: Nationalismus hat im deutschen Fernsehen nichts zu suchen.

Nach Rommel – wird es nun noch mehr davon geben? Noch mehr von diesen Filmen, die quasi Anlass bieten für eine Renaissance nationalen militärischen Angedenkens? Patriotismus, militaristisch gefärbt? Ein blankes Nein ist zu einfach. Denn ein Faszinosum ging lange aus von den „staunenswerten Erfolgen“ der Armee, wie sie sogar ein Wolf Jobst Siedler einmal bei einer Buchvorstellung, „Bundeswehr im Umbruch“, nannte.

Und wohl manches war in der Tat so interessant und strategisch eklatant, dass von den Generälen unter Hitler einige in die neu aufgestellte Bundeswehr berufen, einige als strategische Berater selbst von den Israelis herangezogen wurden. Doch ob „Sichelschnitt“ oder „Blitzkrieg“, das Kritische war immer auch das gnadenlos Unpolitische vieler der Planer; von den vielen politisch Infizierten, Offizieren hoher und höchster Ränge, zu schweigen.

Dagegen gilt es sich zu rüsten – vielleicht am besten mit Worten eines Mannes, der in der Zeit danach für das andere stand: Willy Brandt. Zweierlei sei zum Nachlesen und Nachdenken empfohlen, (besonders seiner vor dem Wahlkampf stehenden Partei) eine Rede zum Thema „Friedenssehnsucht und Friedenspolitik“, gehalten am 3. November 1981 in Bad Godesberg; und darüber hinausgehend ein Essay im „Spiegel“ vom 1. Februar 1982 zum „Deutschen Patriotismus“. Beiden Denkstücken ist gemein, dass sie in einer etwaig anhebenden, dann womöglich nivellierenden, verharmlosenden Debatte Begriffe gegen Geschichtsvergessenheit bieten. Und zwar durch ausdrücklichen Verweis auf Politik, Außenpolitik, eben im Angesicht der geschichtlichen Erfahrung.

Worin ihr bleibender Wert und auch die Herausforderung für Außenpolitik bis heute besteht? „Vertrauen, Einsicht und guten Willen zu wecken. Und das erfordert, wenn es nicht in unverbindlicher Schöngeisterei stecken bleiben will: Man kann den Interessen des eigenen Landes umso besser gerecht werden, je genauer man die Interessen anderer versteht, um dann die Punkte gemeinsamer Interessen zu finden. Eine solche Politik bedarf fester Grundsätze, einer zuweilen brutalen Aufrichtigkeit, der gleichen Sprache gegenüber allen Partnern und des Mutes zur Unpopularität im Inneren“. Brutale Aufrichtigkeit als Parameter des Patriotismus – wer denkt heute so?

Nicht vergessen darf ein Politiker nach Brandt auch heute, dass wenig gefährlicher ist als ein Kurs von Großsprecherei und Sich-groß-Macherei. Patriotismus, lautet darum ein weiterer Parameter bei Brandt, ist Einsicht dessen, was ist, verbunden mit der Aufrichtigkeit, keine Forderungen zu erheben, „deren Erfüllung in den Bereich der illusionären Wunschvorstellungen gehören“. Ein Abbau der Spannungen in Europa, bis hin zur europäischen Einigung im gegenwärtigen Stadium, wäre also weder sinnvoll noch möglich gewesen, „wenn wir nicht von den Realitäten hätten ausgehen wollen, die der Hitlerkrieg geschaffen hatte“. Diese Realitäten haben dann auch mit militärischer Einsicht zu tun, dass es für Deutschland Sicherheit nur noch im Miteinander gibt. Und dass ein guter Deutscher kein Nationalist sein darf. Auch nicht im Film.

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