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Ironische Gewaltüberzeichnung im Grindhouse-Double Feature Death Proof/ Planet Terror der Regisseure Tarantino und Rodriguez.

© dpa

Leserdebatte: Gewalt im Film: Genreästhetik oder Tabubruch?

Die Diskussion über Gewalt im Film ist keine neue. Sie wurde bei Tabubrüchen, visuellen wie geschmacklichen Grenzüberschreitungen, immer wieder geführt.

Schockierte etwa 1976 Martin Scorseses „Taxidriver“ noch die Zuschauer durch die Präsenz von Härte und Brutalität, hat sich teils auch im Zuge dessen ein ästhetischer Umschwung ereignet, der drastische Bebilderung als Stilmittel mit aufnahm. Ist die heutige Filmwelt gewalttätiger als noch vor 10 Jahren? Nein, was ihr häufig abgeht, was Gewalt im Film heutzutage erst so gewalttätig wirken lässt, ist oft die absolute Abwesenheit von Witz oder ironischer Überzeichnung, das pietätvolle Wegblenden unterbleibt. Wozu dienen Gewaltszenen innerhalb eines Films? Sie sind brisant, brutal, letztendlich jedoch oft reine Effekthascherei bei einem Publikum, das visuell immer mehr Schockeffekt fordert, weil es schon so viel gesehen hat. Alles sicherlich infolge einer gewissen Abstumpfung. Ein widersprüchlicher Punkt der jetzigen Entrüstung scheint jedoch zu sein, dass Gewalt zwar in manchen Genres okay sein mag, solange sie nur innerhalb dieser Grenzen abläuft. Zwar werden Regisseure wie Quentin Tarantino, Robert Rodriguez für ihre Hommage an Grindhouse-, Pulp- und Exploitationkultur gepriesen, ein Regisseur wie Frank Miller (300, Sin City) für die bildergewaltige Umsetzung gelobt. Es geht jedoch auch niemand davon aus, dass einer der Herren jemals eine Oscar-Nominierung erhalten wird. Oscar, das klingt nach Anspruch, da hat schmuddeliger Charme und Brutalität nichts verloren. Was jedoch nicht verwundern sollte, ist, dass auch solche Subgenres und deren morbid makabrer Charme Einfluss nehmen, sowohl auf den Mainstream als auch auf die allgemeinen Sehgewohnheiten. Letztendlich wird durch die teils beklagte Gewalttätigkeit in Filmen inzwischen auch ein gewisser Grundvoyeurismus einer breiten Masse bedient.

Wie ist es sonst zu erklären, dass selbst die feste Instanz des Sonntagabendprogramms, der Tatort – lange Zeit ein Bollwerk der TV-Piefigkeit, inzwischen selbst bei der hippen Szene Kult – vorab mit Attributen wie „leichenreich“ mit dem Bodycount der aktuellen Folge hausieren geht? Auch die Realität kann grausam sein, meinen einzelne User. Betreibt man also vielfach eine verwässernde Weichzeichnerei harter Realitäten? Was aber fraglich bleibt, ist die wirkliche dramaturgische Wichtigkeit einer solch drastischen Gewaltszene. Ist sie von Belang für die Handlung? Spiegelt sie in all ihrer Schroffheit auf den Punkt genau die Drastik eines Themas oder einer Situation wider? Oder bleibt sie selbstverliebte Nabelschau der Special Effects-Riege?

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