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Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen.

© picture alliance/dpa/Peter Ending

Kratzer am feministischen Image: Robert Habeck ist auch nur ein Mann

Doch nicht so selbstlos? Dass der Grünen-Chef jetzt öffentlich sein Leid klagt, nützt niemandem – und zeugt vor allem von einem gekränkten Ego. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Inga Barthels

Fast wäre es der perfekte Auftritt gewesen, aber jetzt kommt doch noch das gekränkte Männer-Ego zum Vorschein. Nachdem Robert Habeck seine Co-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock am Montag als Kanzlerkandidatin der Grünen angekündigt und sich dann rasch verkrümelt hat, waren ihm die Herzen zugeflogen. Ein Mann, der selbst- und klaglos Macht aufgibt für eine Frau – das hat das Land gebraucht.

Während in vielen deutschen Medienhäusern noch begeistert in die Tasten gehauen wurde, um entsprechende Lobeshymnen zu verfassen, gab Habeck selbst direkt nach dem Auftritt der „Zeit“ ein Interview, in dem er sich als Märtyrer inszeniert. Der Baerbock-wird’s-Tag sei der „schmerzhafteste“ und „schwerste“ seiner politischen Laufbahn gewesen, sagt er da, eine „persönliche Niederlage“. Habeck wörtlich: „Nichts wollte ich mehr, als dieser Republik als Kanzler zu dienen.“

Ein Hang zur Melodramatik

Einerseits ja schön, dass Männer auch in der Politik über Enttäuschungen sprechen. Habeck steht im Gegensatz zu Haudegen wie Markus Söder oder unterkühlt wirkenden Pragmatikern wie Olaf Scholz für einen neuen Typ Politiker, nachdenklich, mutig, verletzlich. Doch offenbart sein Schmerzensinterview jetzt auch viel Eitelkeit.

Einen leichten Hang zur Melodramatik bewies der Politiker schon 2019, als er nach einigen Twitterflops mit großer Geste seinen dortigen Account löschte und zu Instagram wechselte, wo alle etwas netter zueinander sind.

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Offenbar gab es einen veritablen Wettkampf

In der „Zeit“ nährt Habeck nun recht unnett die These, dass für die Kandidaturentscheidung vor allem das Geschlecht ausschlaggebend gewesen sei. Dass Baerbock eine Frau ist, sei „ein zentrales Kriterium“ in einem männerdominierten Wahlkampf gewesen, sagt er – und nennt kein weiteres. Aus Habecks Klagen ist auch herauszuhören, dass er die Kandidatenoption gar nicht so freiwillig und großmütig hergegeben hat, wie bisher angenommen, sondern dass es offenbar einen veritablen Wettkampf gab, den Baerbock gewann.

Es ist aber vor allem der Zeitpunkt des Interviews, der von Habecks gekränktem Ego zeugt. Ja, er ist verletzt, doch wem nutzt es, das jetzt öffentlich zu machen, wenn die frisch gekürte Kanzlerkandidatin gerade im Interview-Marathon die Inhalte der Grünen verbreitet? Nun dominieren erst einmal Habecks Befindlichkeiten die Schlagzeilen. Damit hat sein Image als strahlender feministischer Held ein paar Kratzer bekommen. Habeck hat seiner Konkurrentin die Bühne überlassen – ja. Aber nicht lang genug.

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