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Helmut Schmidt, Altbundeskanzler und Herausgeber DIE ZEIT, Hamburg.

© privat

Klärende Worte: Raddatz und die Gnade der späten Geburt

Helmut Schmidt antwortet auf das Tagesspiegel-Sonntagsinterview mit Fritz Raddatz vom 28. August - und weist dessen Behauptungen zur vermeintlichen Nazi-Karriere des Altkanzlers als "Verunglimpfungen" zurück.

Herr Fritz Raddatz spricht in dem Interview unter anderem von meiner verstorbenen Kollegin Marion Gräfin Dönhoff. Für einen weit zurückliegenden Fall findet er ihr Verhalten „... am Rande des alltäglichen Faschismus“. Nach meinem Urteil disqualifiziert der Urheber sich mit diesen Worten selbst.

Außerdem unterstellt Herr Raddatz mir, ich hätte mich in der Nazi-Zeit „freiwillig“ ... „für die Laufbahn als Offizier“ gemeldet und hätte „womöglich ... sogar General werden wollen“. Er fügt hinzu, ich sei eine „freiwillige Führungskraft der Nazi-Armee“ gewesen. Dazu stelle ich die folgenden Tatsachen fest: Ich bin 1937 als Wehrpflichtiger eingezogen worden. Entgegen meiner eigenen Lebensplanung wurde ich 1939 nach zweijähriger Dienstzeit nicht entlassen, weil der Krieg begann.

1939 wurde ich zum Unteroffizier befördert. Kurz nach Kriegsbeginn wurde ich zum Wachtmeister der Reserve befördert und bald darauf zum Leutnant der Reserve, im Laufe des Krieges zum Oberleutnant – im letzteren Falle nicht mehr „der Reserve“, sondern „Kr.O.“, das bedeutete Kriegsoffizier. Alle Beförderungen geschahen ohne mein Zutun. Einen Offizierslehrgang oder dergleichen habe ich nicht erlebt. Meine Vorgesetzten haben mich zweimal aufgefordert, in die Laufbahn eines Berufsoffiziers zu wechseln, ich habe das beide Male mit Hinweis auf meine anderen Berufsabsichten abgelehnt.

Herr Raddatz, heute 80 Jahre alt, könnte für seine Verunglimpfungen die „Gnade der späten Geburt“ in Anspruch nehmen. Sie sei ihm gegönnt.

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