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Meinung: Kein Geld, kein Platz, kein Herz für Kinder

Berichterstattung über teures Schulessen, fehlende Kita- und Schulplätze und fehlende Spielplätze Die Schule in einer Demokratie lebt von dem Versprechen, alle Kinder gleich zu behandeln, unabhängig von ihrer Herkunft und unabhängig vom Einkommen der Eltern. Dieses Versprechen wird gebrochen, wenn das Land Berlin zwar einerseits Ganztagsschulen einrichtet, sich aber andererseits weigert, dafür zu sorgen, dass alle Kinder am Mittagessen teilnehmen können.

Berichterstattung über teures Schulessen, fehlende Kita- und Schulplätze und fehlende Spielplätze

Die Schule in einer Demokratie lebt von dem Versprechen, alle Kinder gleich zu behandeln, unabhängig von ihrer Herkunft und unabhängig vom Einkommen der Eltern. Dieses Versprechen wird gebrochen, wenn das Land Berlin zwar einerseits Ganztagsschulen einrichtet, sich aber andererseits weigert, dafür zu sorgen, dass alle Kinder am Mittagessen teilnehmen können. Das gemeinsame Mittagessen erschöpft sich keineswegs nur in seiner ernährungsphysiologischen Bedeutung. An einer gebundenen Ganztagsschule wie der Lenau-Grundschule, in der alle Kinder bis 16 Uhr zusammenbleiben, wird besonders sichtbar, welche Folgen es hat, wenn Kinder aus der Essensgemeinschaft ausgeschlossen werden. Es ist ein beschämender Anblick, wenn Kinder, die den ganzen Tag mit ihren Schulkameraden gleichberechtigt gelernt und gespielt haben, beim Mittagessen mit ihren Butterbrotdosen neben ihnen sitzen müssen, und sich nicht aus den Schüsseln bedienen dürfen, weil ihre Eltern schon den jetzigen Essensbeitrag von 23 Euro nicht bezahlen können. Und auch die Kinder, die am Mittagessen teilnehmen können, sind betroffen, weil sie gar nicht verstehen können, warum sie ihren Schulkameraden nichts vom Essen abgeben dürfen, obwohl doch genug da ist. In der Lenau-Grundschule sind es zur Zeit 18 Kinder, die am Schulessen nicht teilnehmen. Selbst wenn die Hälfte dieser Kinder „freiwillig“ am Essen nicht teilnimmt, sind es immer noch neun Kinder, die beim Essen unfreiwillig zusehen müssen. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die Erhöhung des Essensbeitrages die Zahl der betroffenen Kinder erheblich ansteigen lassen wird. Die Erhöhung von 14 Euro pro Kind wird gerade für die Eltern eine unüberwindliche Hürde darstellen, deren Einkommen knapp über dem Regelsatz von Hartz IV liegt und die mehr als ein Kind in der Grundschule haben. Der Härtefonds wird daran nichts ändern. Nicht nur, weil er eine bürokratische Blackbox ist, bei der keiner weiß, was für jede Schule dabei drin ist, sondern weil der Zugang zu ihm eine Hürde darstellt: Die Hürde der Scham, über die Eltern springen müssten, um zu bekennen, dass sie das Schulessen ihrer Kinder nicht bezahlen können. Vielleicht ist das autosuggestive-bürokratische Konstrukt des Härtefonds, mit dem sich alles irgendwie schon richten soll, nur ein Ausdruck des Unvermögens vieler Mitglieder im Schulausschuss und im Senat, sich die Konsequenz ihrer Weigerung nach sozialer Staffelung der Elternbeiträge überhaupt vorstellen zu können. Die neue Zwei-Klassen-Gesellschaft am schulischen Mittagstisch scheint sich lediglich einer Kombination aus bürokratischer Engstirnigkeit und fehlender Empathie in einer Überflussgesellschaft zu verdanken. Die Gesamtelternvertretung der Lenau-Schule hat sich jedenfalls den Forderungen des Landeselternausschusses nach größerer Beteiligung des Senats und nach einer sozialen Staffelung der Essensbeiträge als eine Minimalforderung einstimmig angeschlossen. Selbiges gilt für die Reinhardswald-Grundschule und die Nürtingen-Grundschule. Weitere Schulen werden sich mit Sicherheit anschließen.

Frank Müllers, Elternsprecher an der Lenau-Schule, Mitglied des Bezirkselternausschusses Friedrichshain-Kreuzberg

Im Brunnenviertel wird nicht nur auf dem ehemaligen Mauerstreifen emsig gebaut, auch in der Brunnenstraße sollen neue Wohnungen entstehen. Wenn man von mindestens einem Kind pro neuer Wohnung ausgeht, frage ich mich, wo diese dann zur Kita und Schule gehen sollen. Die bestehenden Grundschulen sind schon über ihre Kapazitätsgrenzen gefordert. Wenn dann noch Herr Groth seinen neuen Kiez am Mauerpark realisiert, wird es eng. Der zuständige Baustadtrat sieht die Angelegenheit sehr entspannt und ist der Meinung, dass es ausreichend sei, sich mit der erforderlichen Infrastruktur wie Kita und Schule im Rahmen des B-Planverfahrens zu beschäftigen. Stattdessen wird das Gelände des ehemaligen Diesterweg-Gymnasiums an den Liegenschaftsfonds übergeben, damit weiterer Wohnraum entstehen kann. Wo aber plant der Bezirk dann den Bau der dringend erforderlichen Kita- und Schulplätze? Wohin eine solche Ignoranz führt, könnte man im Nachbarbezirk Pankow anschaulich lernen. Spricht man mit den Verantwortlichen des Schulausschusses Mitte ist die einhellige Aussage: Mitte hat kein Geld und solange die Sparvorgaben des Senats nicht erreicht sind, ist an Schulneuplanungen nicht zu denken. Außerdem halte der Bezirk noch weitere Platzreserven. Dass aber vorhandene Platzkapazitäten nicht immer dort vorrätig sind, wo auch die Nachfrage besteht, spielt dabei vorerst keine Rolle. Welche Kreativität auf Ämtern entwickelt wird, kann man an einer Grundschule in Moabit sehen. Nachdem weite Teile der Schule aus Brandschutzgründen gesperrt wurden, sollen die Schüler der 3. bis 6. Klassen nach den Sommerferien in ein Ausweichquartier umziehen, damit die Schule umgebaut werden kann. Es ist geplant, dass die verantwortlichen Lehrer jeden Morgen zur ursprünglichen Schule kommen, dort ihre Schüler einsammeln, zu einer öffentlichen Bushaltestelle gehen und dann einen BVG-Bus nutzen, der ohnehin stark frequentiert ist. Man stelle sich das vor: 300 Schüler jeden Morgen und jeden Nachmittag. Es könnte die Pilotphase zur Flexibilisierung der Schulstandorte in Mitte sein. Man könnte dann in übernachgefragten Schulen Klassen einrichten, die jeden Morgen gemeinsam mit ihrem Lehrer in weniger frequentierte Schulen fahren und nachmittags wieder zurückfahren.

Manja Ehweiner, Berlin

Das Thema ist nicht neu, aber es wird trotz aller vollmundigen Ankündigungen nicht besser – im Gegenteil! Kitas werden geschlossen und vom Liegenschaftsfond verkauft, auch wenn der Bauboom neuen Bedarf erzeugt. Die vom Investor angebotenen „Kitaplätze“ decken vielleicht den Eigenbedarf, aber wie ist die Qualität des Personals und der Freiflächen? Offensichtlich ist die Privatisierung von Kitas und damit die Einsparung von Personalkosten allgemeines politisches Ziel. Noch schlimmer ist es mit Spielplätzen: In der Altstadt Charlottenburg liegt der Fehlbedarf bei über 50 Prozent, doch die einzig verfügbare und bisher als Spielplatz geplante Fläche wurde verkauft. Ebenso der alte Bolzplatz Sesenheimer Straße und Spielplätze in der Blisse- und Güntzelstraße. Weitere Verkäufe von Spielplätzen, Sport- und Freiflächen oder Parkplätzen werden folgen, um das Defizit am Flughafen auszugleichen, wie Mitarbeiter des Bezirks vermuten. Charlottenburg hat bereits 2007 jede vorsorgende Planung von Infrastruktur wegen fehlender Mittel eingestellt, das dürfte auch für andere Bezirke gelten. Für Kinder, Alte und Behinderte hat die Innenstadt künftig keinen Platz, egal wovon Senator Müller in seinem neuen Konzept 2030 träumt, es ist Zeit für ihn aufzuwachen.Wilhelm Lehberger,

Berlin-Charlottenburg

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