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Armin Laschet mit Fraktionschef Ralph Brinkhaus.

© imago images/Political-Moments

Interne CDU-Sitzung wird öffentlich: Mehr Twitter bringt weniger Transparenz

En Detail war die digitale Zusammenkunft des CDU-Vorstands zu verfolgen. Das Livetickern aus internen Sitzungen führt zu mehr Hinterzimmer-Entscheidungen.

Wollten Sie schon immer mal bei geschlossenen Zusammenkünften der Parteien dabei sein? Live miterleben, was die Mächtigen hinter den Kulissen besprechen? Jetzt ist Ihre Chance! Auf Twitter lässt sich derzeit minutiös nachverfolgen, was in den internen Sitzungen der CDU geschieht. Das ist allerdings nicht nur schlecht für das Image der Partei, die sich nicht einmal auf einen einheitlichen Umgang mit der Presse einigen kann – es führt paradoxerweise auch zu weniger Transparenz in der Politik.

In der Nacht von Montag auf Dienstag tagte der CDU-Vorstand digital, um über die Kanzlerkandidatur zu beraten. Jedes kleinste Detail wurde dabei von Journalisten live getwittert, von technischen Pannen bis lustigen Zwischenrufen.

Bereits vergangene Woche nannte CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus die Abgeordneten, die Informationen aus internen Sitzungen nach draußen gaben, „Kameradenschweine“ – was prompt auf Twitter landete, genau wie Brinkhaus’ Empörung darüber, dass seine Empörung auf Twitter landete. Ein absurdes Schauspiel, das von allem möglichen zeugt, aber nicht von Ernsthaftigkeit.

Aussagen drangen nur teilweise nach außen

Dass es auch ganz anders geht, haben diese Woche die einst so wilden Grünen bewiesen, die diszipliniert dichthielten, bis Annalena Baerbock als Kandidatin bekannt gemacht wurde.

Wenn ohnehin alle Details nach draußen getragen werden, sollte die CDU ihre Sitzungen gleich öffentlich abhalten, das wäre konsequent und die Politiker:innen könnten sich ihre Verbreitungskanäle nicht mehr selbst herauspicken. Auch verkürzte Aussagen würden vermieden, etwa die, dass Daniel Günther, Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, gesagt habe, die Basis sei „bei Söder“.

Das hat der zwar getan, folgte dem aber mit den Worten, dass der Vorstand trotzdem bei seiner Haltung pro Laschet bleiben sollte. In den zahlreichen Blogs kam diese zweite Nachricht erst deutlich später an.

Performance für die Basis statt Auseinandersetzung

Für mehr Transparenz hat sich die CDU bisher eher selten eingesetzt. Anträge von Grünen und Linken, Ausschusssitzungen des Bundestags grundsätzlich öffentlich zu machen, hat die Union stets blockiert. Das Livetickern aus internen Sitzungen führt ohnehin zum Gegenteil: Die wirklich wichtigen Gespräche verlagern sich in immer kleinere, exklusivere Kreise, die sagenumwobenen „Hinterzimmer“.

Mehr Vertraulichkeit hingegen würde auch wieder zu mehr Ehrlichkeit führen. Zahlreiche Studien belegen, dass Menschen sich anders verhalten, wenn sie wissen, dass sie beobachtet werden. Politiker:innen sowieso. Wenn jede Aussage aus vertraulichen Sitzungen nach außen gelangt, performen sie dort eher für die ständig mitlesende Basis, als dass sie ihre wirkliche Meinung äußern und sich in der Sache auseinandersetzen – das ist verständlich, beeinträchtigt aber auf Dauer den demokratischen Austausch.

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