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Die Stadt will die Anteile von RWE und Veolia an den Berliner Wasserbetrieben zurückkaufen. Das wird teuer - und ist riskant.

© dapd

Gegen Rekommunalisierung: Das Wasser wird billiger - so oder so

Die Stadt scheint sich an der Idee zu berauschen, die Wasserbetriebe wieder komplett zu übernehmen. Doch Vorsicht: Berlin ist dabei, sich zum zweiten Mal über den Tisch ziehen zu lassen.

Wasser macht nicht besoffen. Doch Berlin scheint sich an der Idee zu berauschen, die Wasserbetriebe wieder komplett zu übernehmen. Nüchtern betrachtet spricht nichts dafür. Die Stadt ist schon mit mehr als 60 Milliarden Euro verschuldet, in diesem Jahr kommt eine Milliarde dazu. Die Lage ist schon prekär, der Wunschzettel längst lang genug. Wenn der Senat trotzdem die Anteilseigner Veolia und RWE mit zusammen 1,3 Milliarden Euro auszahlt, geht er erhebliche Risiken ein. Denn dass sich der Kaufpreis wie angedacht durch Gewinne der Wasserbetriebe langfristig selbst finanziert, ist eine Wette, die in neue Schulden des Landes münden kann.

Wenn das Ziel dieser Operation über jeden Zweifel erhaben wäre, sollte Finanzsenator Ulrich Nußbaum ruhig länger über dem Taschenrechner brüten. Aber das ist mitnichten der Fall. Der Ausgangspunkt der Überlegungen war, dass Wasser in Berlin zu teuer ist und dass daran die Verträge mit RWE und Veolia schuld sein könnten. Nur: Das Bundeskartellamt ist gerade dabei, eine Senkung der Preise um knapp ein Fünftel zu erzwingen. Wasser wird absehbar billiger, unabhängig davon, wem die Wasserbetriebe gehören.

Und es sollte stutzig machen, dass just in diesem Moment zwei Großkonzerne aus dem größten städtischen Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland aussteigen wollen. Das kann ja nur heißen: Das Geschäft rechnet sich für sie nicht mehr so richtig. Seit ihrem Einstieg vor zwölf Jahren haben RWE und Veolia viel Geld verdient, und jetzt, wo es schwieriger wird, kann der Staat wieder übernehmen. Gegen einen guten Preis natürlich. Ist das die Logik, der sich Berlin unterwerfen will? Es besteht die Gefahr, dass sich das Land zum zweiten Mal über den Tisch ziehen lässt, erst beim Verkauf der Anteile, dann beim Rückkauf.

Ohnehin hat Berlin schon jetzt dank der Mehrheit von 50,1 Prozent der Anteile die unternehmerische Kontrolle. Es ist zweifelhaft, was die Erhöhung auf 100 Prozent dem Land und den Bürgern bringen würde. Denn der Finanzsenator, von Haus aus Unternehmer, dürfte kaum einer noch radikaleren Preissenkung zustimmen, als sie das Kartellamt erreichen will. Dann sinken seine Einnahmen, und der Haushalt fliegt ihm um die Ohren.

Rekommunalisierung ist nicht per se der richtige Weg. Es gibt ganz sicher Dinge, die der Staat besser kann als die private Wirtschaft. Manchmal wandelt sich das auch. So war es vor 50 Jahren wahrscheinlich eine gute Idee, ein staatliches Telefonnetz zu unterhalten. Doch seit dessen Privatisierung ist für die Kunden alles besser und billiger geworden. Man kann endlos über die Telekom meckern – aber die alte Bundespost könnte einem Vergleich nicht standhalten. Vielleicht gehört auch die Berliner S-Bahn zu den Dingen, die in der Theorie am besten in staatlicher Hand aufgehoben sind. In der Praxis ist sie zu 100 Prozent staatlich, aber trotzdem eine Katastrophe.

Alles spricht dafür, den staatlichen Anteil an den Wasserbetrieben zu belassen, wie er ist. Sollen RWE und Veolia ihre Anteile doch behalten oder schauen, wo sie einen Käufer finden. Ohne den Staat läuft bei den Berliner Wasserbetrieben schon heute nichts. Und wahrscheinlich sollte der Senat die Kaufverträge von damals genau auf mögliche Angriffspunkte prüfen, um bessere Konditionen durchzusetzen. Wenn die rot-schwarze Koalition sich, getrieben von einem Linksruck der Landes-SPD, zerlegen will, sollte sie sich einen lohnenderen Anlass suchen. Die Stadt hat, nüchtern betrachtet, genug Probleme, über die sich streiten lässt.

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