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Beim Einkauf per Kopfdruck fehlt der Glücksmoment - besonders beim Frustkauf.

© Arno Burgi/dpa

Die kleinen Glücksmomente?: Onlineshopping hilft nicht gegen Frust

Für Frustkäufe eignet sich Onlineshopping gar nicht. Wenn die Ware kommt, weiß man nicht mehr, warum man sie eigentlich bestellt hat. Eine Betrachtung.

Onlineshopper verweisen gern darauf, dass sie für Offlineshopping keine Zeit hätten. Man fühlt sich dem Gesprächspartner gegenüber gleich ein bisschen schlechter beim Gedanken an den jüngsten Bummel, an dessen Ende ein kleiner Strauß aus Einkaufstüten nach Hause bugsiert wurde.

Ist man etwa nicht gestresst genug? Wie kann es sein, dass man selber Zeit für solche Ausschweifungen hat, andere aber gar nicht?

Arbeiten die wirklich 80 Stunden in der Woche? Wie in manch anderen Bereichen auch, war der Corona-Lockdown hier sehr erkenntnisfördernd.
Viele Dinge, die man einkauft, braucht man nicht dringend, sondern man möchte sie einfach haben. Aus unterschiedlichen Gründen..

Weil man Altrosa immer schon schön fand, aber noch nie einen Blazer in der Farbe besaß; weil das Tuch mit dem Kirschenmuster einen an ein Kleid erinnert, das Oma einst liebevoll schneiderte; weil die Godiva-Pralinen früher in den Anzeigen im „New Yorker“ immer so cool rüberkamen.

Einkaufen aus Corona-Frust - ein Selbstversuch

Ein häufiger Grund, etwas zu kaufen, was man nicht braucht, ist Frust. Davon gab es in diesem Frühjahr genug. Freunde, Ferien, Vergnügungen – alles ganz weit weg. Stattdessen die eigenen vier Wände erkunden wie einen neuen, aber leider rasch ausrecherchierten Abenteuerspielplatz. Live geshoppt wurden überwiegend Lebensmittel.

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Bis auf all die Dinge, die plötzlich zwischen den Instagram-Posts aufploppten und ihre eigene Ziehkraft entfalteten. Der intelligente Photostick, der verspricht, den Computer gründlich aufzuräumen zum Beispiel. Den kann man sich nach all der Restaurant- und Kinoabstinenz ja eigentlich wirklich mal leisten.

Der rosa Blazer im Geschäft bringt gleich Freude

Wo aber der rosa Blazer sofort die Freude bringt, die einen über die akute Verstimmung hinwegtröstet, nimmt sich der Stick erst mal zwei Monate Zeit, bis er überhaupt eintrifft – nach zwei Nachfragen, die kompliziert waren, weil das entsprechende Unternehmen offenbar in den USA sitzt.

Die tragbare und am Computer aufladbare Lampe, die als nächster Kauf in einem Moment allumfassender Vergeblichkeit im virtuellen Warenkorb landete, ließ sich noch mehr Zeit.

Beim Onlineshoppen gibt es oft ein nerviges Nachspiel

Bis solche Dinge eintreffen, ist der Anlass des Kaufs längst vergessen. Manchmal gibt es sogar ein Nachspiel, nervtötendes Hin und Her mit der Kreditkartenbuchung, wenn der Einkauf erst nicht kommt und dann lange nach der Frist doch noch antrödelt.

An dieser Stelle gewinnt das Wort Frustkauf eine neue Bedeutung. Analog vertreibt der Einkauf den Frust schnell und effizient. Digital lässt er ihn zappeln und warten – oder verursacht ihn manchmal erst. Was ist schneller und unkomplizierter als die Kreditkarte zu zücken für ein Teil, dass man sofort und getröstet nach Hause tragen kann?

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