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Sehen so Weltmeister aus? Die sichtlich geknickten Nationalspieler Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm nach dem Champions-League-Aus gegen Real Madrid.

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Deutsche WM-Chancen: Pleite des FC Bayern ist gut für Löw - oder doch nicht?

Bayern Münchens Champions-League-Aus ist gut für Deutschlands WM-Chancen, weil die Nationalelf sich sich nun länger gemeinsam vorbereiten kann. Sollte man meinen. Doch unser Autor sieht das anders - und auch Bundestrainer Löw hätte die Bayern wohl gerne Siegen gesehen.

Ist Joachim Löw ein Krisengewinnler? Einer, dem Bayern Münchens Absturz in der Champions League ganz gut ins Konzept passt, weil er nun ein bisschen mehr Zeit hat, all seine Nationalspieler ein bisschen zeitiger um sich zu scharen, bevor es zur Weltmeisterschaft nach Brasilien geht? Als alles vorbei und der FC Bayern von Real Madrid vernichtend geschlagen war, hat der Bundestrainer gesagt, was ein Bundestrainer so sagen muss: Es war nicht alles schlecht bei den Bayern, und jetzt sollten sie mal abschalten, auf dass es ein schöner und erfolgreicher Sommer in Brasilien werde.

Dass der Kollege Pep Guardiola mit seiner missglückten Taktik das Unternehmen Titelverteidigung vorzeitig beendet hat, mag schlecht sein für Bayern. Aber es ist gut für Deutschland. Das ist auf seine Weise logisch gedacht, aber auch sehr kurz. Fußball ist kein so einfaches Spiel, wie in fußballfernen Kreisen gern behauptet wird. Es ist aber auch nicht so furchtbar kompliziert, dass eine seit Jahren weitgehend identische Gruppe von Experten schweren Schaden nehmen würde, wenn sie ein paar Tage später in Klausur ginge.

Fußball wird mit den Füßen gespielt, aber mit den Köpfen gewonnen. Die nach großen Triumphen ausgeschütteten Endorphine sind für eine erfolgreiche Interpretation des Spiels so wichtig wie das Einstudieren von Laufwegen. Schon deswegen hätte Löw seine Münchner Nationalspieler ganz gern siegen gesehen im Champions-League-Finale von Lissabon.

Eine WM 2013 hätte Deutschland wohl gewonnen

Wahrscheinlich wären die Deutschen im vergangenen Sommer Welt- und Europameister zusammen geworden, nachdem Bayern und Dortmund im Champions-League-Finale von Wembley einen globalen Herrschaftsanspruch angemeldet hatten. Nur leider war damals weder Welt- noch Europameisterschaft.

Ein Jahr später sieht es ein wenig anders aus. Es ist ja nicht allein das Ausscheiden. Real Madrid hat eine sehr teure und sehr gute Mannschaft, gegen die auszuscheiden keine Schande ist. Entscheidender ist die dramatische Fallhöhe. Der Sturz eines Souveräns, der sich nur zu gern hat einreden lassen, er sei auf Jahre hinaus unschlagbar. Das zehrt am Selbstverständnis. Nicht nur in München. Die Situation erinnert ein wenig an den Frühling des Jahres 2012. Auch damals hatten die Bayern die nationale und internationale Konkurrenz schwindlig gespielt, bis dann im Finale die Spielverderber vom FC Chelsea warteten und alles kaputtmachten, unter anderem das schöne Münchner Selbstbewusstsein, mit dem die Nationalmannschaft zur Europameisterschaft reisen wollte. Der Rest der Geschichte ist bekannt, sie endete im Halbfinale gegen Italien mit einem Absturz, der dem des FC Bayern sehr nahe kommt.

Die Nationalmannschaft hat lange gebraucht, um sich von diesem Schock zu erholen. Joachim Löw hat dabei auch von den Dortmunder und Münchner Erfolgen profitiert, sie haben das eigene Personal vom Italien-Trauma abgelenkt und bei der Konkurrenz Respekt verschafft. Die Nationalmannschaft ist vor diesem Hintergrund besser bewertet worden, als sie tatsächlich ist. Damit hat sich aber auch der Erwartungsdruck erhöht. Eben deshalb führt dieses Land seit Wochen eine Debatte über flexiblere Arbeitszeiten und eine Aufhebung der Nachtruhe während der Weltmeisterschaft, auf dass die gesamte Nation ihrer Mannschaft einen Sommer lang nächtens beim Siegen zuschauen möge. Ein bisschen von diesem Druck hat Pep Guardiola von Joachim Löw genommen.

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