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BVG: Ein langer, dummer Streik

Gewinner der wochenlangen Streitigkeiten bei der BVG ist der Berliner Senat, der nicht klein beigegeben hat - glücklicherweise, denn der Streik war nicht gerecht.

Mit dem Streik bei den Berliner Verkehrsbetrieben, der jetzt beendet ist, hat die Gewerkschaft Verdi zwei Rekorde aufgestellt: Es war der längste Arbeitskampf in der Geschichte der BVG – und es war mit Abstand der dümmste.

Für die Busfahrer kam nicht viel heraus. Ein bisschen mehr Geld für zwei Jahre, weit entfernt von den irren zwölf Prozent, die man ursprünglich haben wollte. Zum Teil wurde das schon wieder aufgefressen durch den Verzicht auf Überstunden und durch Gehaltsabschläge während des Streiks. Die schlechte Stimmung bei den BVG- Beschäftigten wird dieser Tarifkompromiss nicht beheben. Im Gegenteil. Der Gewinner des wochenlangen Tauziehens ist der Senat, der nicht klein beigegeben hat.

Glücklicherweise – denn dieser Streik war nicht gerecht. Er hat von Anfang an die Falschen getroffen: hunderttausende Berliner, die täglich auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen sind. Familien, Alte, Kranke, Menschen mit wenig Geld. Nicht zu vergessen die vielen Touristen, die sich gewundert haben, warum in einer Millionenstadt wie Berlin Busse und Bahnen nicht gefahren sind.

Letztlich haben aber nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die Verkehrsbetriebe einen schweren Imageschaden erlitten. Zeitweilig kam sogar die Frage auf, ob eine BVG in dieser Verfassung nicht ganz entbehrlich sei. Etwas Schlimmeres hätte dem landeseigenen Unternehmen kaum passieren können. Außerdem war der Streik deshalb nicht gerecht, weil der gut verdienende Teil der Busfahrer den Tarifkampf auf eigene Rechnung betrieben hat, unterstützt von ein paar rustikalen Verdi-Funktionären. Der jetzt vereinbarte Tarifvertrag stellt die Minderheit der BVG-Fahrer, die nach 2005 unter deutlich schlechteren Bedingungen eingestellt wurden, kaum besser als die Altkollegen. Der Riss durch die Belegschaft bleibt.

Verdi hat sich – mit einer miesen Taktik und falschen Forderungen – am Ende selber in den Hintern getreten. Für die Gewerkschaft ist das schmerzhaft, für die Stadt ist es verschmerzbar. Nein, es ist sogar gut. Denn man sollte nicht vergessen, warum ausgerechnet eine rot-rote Regierung im Streit mit der organisierten Arbeitnehmerschaft so hart geblieben ist: weil es die politische Verpflichtung gab, einen wesentlichen Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge vor dem Ruin zu schützen. Preiswerte, umweltfreundliche Mobilität für die gesamte Bevölkerung ist ein hohes Gut. Einerseits darf der Kostendruck nicht über teure Tickets auf die Fahrgäste abgewälzt werden. Andererseits wäre es nicht akzeptabel, wenn der Staat für die Subventionierung des regionalen Massenverkehrs jeden beliebigen Preis zahlt.

Immerhin ist es in den letzten Jahren gelungen, die Landeszuschüsse für die hoch verschuldete BVG auf ein vertretbares Maß zu drücken. Das Unternehmen steckt mitten in einem Sanierungsprozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist – und der nur gelingen kann, wenn auch die Gewerkschaften dafür gesellschaftliche Mitverantwortung übernehmen.

Ein Kommentar von Ulrich Zawatka-Gerlach

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