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Berliner Verwaltung: Leitung ohne Führung

Die Berliner Verwaltung ist unterbesetzt – das ist aber nicht ihr einziges Problem. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner Verwaltung soll wachsen. Doch wenn der Senat jetzt stolz verkündet, dass bis zum nächsten Jahr 4500 neue Stellen geschaffen werden, ist das nur ein Minimalprogramm, um die Not zu lindern. Es sichert den Status quo in den Landes- und Bezirksbehörden – nicht mehr. Schaut man sich an, wie überfordert der Berliner Landesdienst inzwischen ist, lautet das Fazit: Rot-Schwarz verwaltet die Misere und ist bemüht, den endgültigen Crash zu verhindern.

Mit wenigen Zahlen lässt sich der Ernst der Lage demonstrieren: Ende 2015 verfügte der Berliner Landesdienst über 105 500 Vollzeitstellen. Nur um die Verwaltung an das das explosive Bevölkerungswachstum anzupassen, müssten es 2020 rund 128 000 Stellen sein. Dann wäre wieder das Niveau (je Einwohner) erreicht, das der knallharte Spardiktator Thilo Sarrazin hinterließ, als er 2009 aus dem Amt ausschied. Außerdem müsste der Anteil des bezirklichen Personals erheblich steigen. Denn in den Bezirken sitzen die kommunalen Dienstleistungsbehörden, die seit Jahren um ihr Überleben kämpfen.

Das Problem ist nur: Eine solche Stellenvermehrung würde enorm viel Geld verschlingen. Die Kosten für das Landespersonal würden 2020, versprochene Besoldungserhöhungen eingerechnet, wohl die Zehnmilliardengrenze überschreiten. Im laufenden Jahr zahlt Berlin knapp acht Milliarden Euro für Personalausgaben. Also reden die Parteien, in Regierung und Opposition, lieber nicht über die Kosten eines gut funktionierenden öffentlichen Dienstes. Stattdessen wird Zweckoptimismus verbreitet. Wir schaffen das schon irgendwie!

Man könnte die Effizienz der Verwaltung übrigens auch mit der Umgestaltung von Arbeitsprozessen optimieren. Aber dazu fehlt es an hinreichend qualifizierten Personal auf Leitungsebene - und die Wenigen, die das Format dazu hätten, scheitern dann wieder an der Willenlosigkeit der politischen Ebene.

schreibt NutzerIn matbhm

Natürlich kommt es nicht nur auf die Zahl der Stellen an. Arbeit lässt sich optimieren, technisch und organisatorisch. Am besten mit gut ausgebildeten Beamten und Angestellten, die motiviert, gesund und schaffenskräftig sind. Alles dies trifft auf die Berliner Verwaltung nur eingeschränkt zu. Lediglich fünf Prozent der Beschäftigten sind jünger als 30 Jahre. Fast jeder vierte Mitarbeiter scheidet bis 2021 aus. Die Krankenquote liegt bei zehn Prozent.

Es fehlen beispielsweise Ärzte und Bauexperten, Planer und IT-Fachkräfte. Wertvolle Berufserfahrungen und Qualifikationen gehen verloren, weil der Wissenstransfer von den Pensionären zu den Nachwuchskräften schlecht funktioniert. Viele potenzielle Bewerber gehen lieber in die private Wirtschaft oder wechseln zu Bundesbehörden und in andere Länder, die besser zahlen. Alle diese Probleme sind erkannt, sie werden seit Jahren analysiert und in immer neue Konzepte für die Personalentwicklung in der Berliner Verwaltung geschrieben. Auf dem Papier hat der Senat die Lage voll im Griff.

Aber nur dort.

Das liegt nicht nur an der Politik. In den Behörden selbst hat sich im Laufe der Jahre Resignation und eine Selbstgenügsamkeit breitgemacht, die zum Himmel schreit. Einer von den Guten, der die Verwaltung aus Altersgründen verließ, hat mal gesagt: „Es gibt so viele Leitungskräfte, aber kaum Führungspersonal.“ Es fehlen behördenintern und in den Parteien talentierte Manager und Verwaltungsreformer, die nicht nur Papiere schreiben, sondern die Lage real verbessern. Das wäre mal was Neues.

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