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Anna Felicitas Sarholz

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Anna Felicitas Sarholz: "Ich bin eben eine coole Sau"

Was Anna Felicitas Sarholz veranstaltete, war schon fast unverschämt. Wie die Torhüterin von Turbine Potsdam den Champions-League-Sieg erlebte.

Mit verschränkten Armen stellte sie sich in ihr Tor, wippte mit dem Fuß und starrte erst Amandine Henry und kurz darauf Isabell Herlovsen, die vor ihr am Elfmeterpunkt standen, mit unbewegter Miene an. Nur eine von beiden musste nach zwei Potsdamer Fehlschüssen im Elfmeterschießen des Champions-League-Finales treffen, um Olympique Lyon den Sieg zu sichern. Doch Sarholz, die 17-Jährige, tat am Donnerstagabend im Madrider Vorort Getafe so, als stehe sie bei einem Trainingsspiel rum. Beobachtet von vier Millionen Fernsehzuschauern in Deutschland ging sie erst im letzten Moment in die Knie – und wehrte beide Elfmeter ab. Kurz darauf verwandelte sie selber souverän, und nach einem Lattenknaller der Französinnen beim 18. Elfmeter stand um 23.14 Uhr der 7:6-Sieg des Deutschen Meisters Turbine Potsdam fest.

Nachdem sie ihre Gegnerinnen geärgert hatte, waren ihre Mitspielerinnen dran. Sarholz, die Jüngste bei Turbine, spielte mit ihren Teamkolleginnen Fangen. Sie rannte davon, verfolgt von einem jubelnden Pulk Frauen, der sich schließlich mit Schwung auf sie warf. Wie sie die beiden Elfmeter abgewehrt habe? „Was soll ich sagen: auf der Flucht erschossen“, kommentierte die Zwölftklässlerin ihren Auftritt. „Ich bin eben eine coole Sau.“ Cool ist sie auf jeden Fall, erstaunlich abgeklärt für eine 17-Jährige, die als Kind im Tor landete, weil sie zu faul zum Laufen war. Seit 2006 lebt sie im Sportinternat Potsdam, 2008 überstand sie eine schwere Herzmuskelentzündung, danach ging es steil bergauf.

Vor einem Jahr wurde sie noch mit Turbines B-Jugend Deutscher Meister, mit 15- und 16-Jährigen. Damals hielt sie im Finale, wie könnte es anders sein, zwei Elfmeter und verwandelte den entscheidenden selber. Auch im Champions-League-Halbfinale gegen Duisburg siegte Turbine im Elfmeterschießen – dank Sarholz, die dreimal bessere Nerven hatte als die Schützin. Dabei bestritt sie erst im vergangenen September ihr erstes Bundesligaspiel und kam aufgrund der starken internen Konkurrenz bis Ende März nur sporadisch zum Einsatz.

Viel Zeit, um ihren Triumph auszukosten, hatte Anna Felicitas Sarholz nicht: Eine Nacht durfte sie feiern, gestern flog sie zur U-19-Europameisterschaft nach Mazedonien. Vielleicht kann sie sich dort ja erneut bewähren – nicht nur, wenn ein Strafstoß gegen Deutschland gepfiffen wird.

Helen Ruwald

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