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Der Euro ist nicht Schuld an den Wohlstandsverlusten.

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20 Jahre Euro: Der Euro allein kann Defizite nicht beseitigen

Eine Studie zur Gemeinschaftswährung blickt auf den Profit Deutschlands und den Verlust Anderer. Die Argumentation ist simpel, aber fragwürdig. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Rolf Obertreis

Stünden Italien und Frankreich heute ohne den Euro besser da? Ginge es Deutschland und den Niederlanden nicht so gut? Es sind hypothetische Fragen, auf die das Centrum für Europäische Politik aus Berlin hypothetische Antworten gibt. Kritiker der europäischen Gemeinschaftswährung dürften sich bestätigt fühlen.

Die Deutschen profitieren, die anderen verlieren

Nach dem Motto: Wir haben es immer gesagt. Die Deutschen profitieren, die anderen verlieren. Und zwar deutlich. Auf den ersten Blick scheint die Studie dies zu bestätigen. Ein Wohlstandgewinn von knapp 1,9 Billionen Euro oder von mehr als 23.000 Euro pro Kopf soll die Gemeinschaftswährung den Deutschen von 1999 bis 2017 beschert haben. Italien dagegen hat 4,3 Billionen oder 73.600 Euro pro Kopf verloren, Frankreich 3,6 Billionen und fast 56.000 Euro.

Sicher: Eine starke Volkswirtschaft und starke (Export-) Unternehmen wie in Deutschland profitieren relativ gesehen deutlicher von einer starken, stabilen Währung als schwächere Länder. Kritiker sagen, Deutschland habe den Euro ausgenutzt, Lohnzurückhaltung und quasi Konsumverzicht verordnet, so die Wettbewerbsfähigkeit erhöht und damit andere Euro-Länder gezielt geschwächt. Folge: Wohlstandgewinne hier, Wohlstandsverluste dort. Die Argumentation ist allzu simpel, wenn nicht fragwürdig.

Die großen Unterschiede bleiben freilich höchst problematisch

Deutschland hat in den 20 Jahren Euro einschneidende Reformen auf den Weg gebracht, letztlich auch mit - kritischer - Unterstützung der Gewerkschaften. Das hätte angesichts der Probleme - Deutschland galt lange als kranker Mann Europas - auch ohne den Euro passieren müssen. In Frankreich und Italien sind Reformen bis heute weitgehend ausgeblieben. Spanien hat sie auf den Weg gebracht, die Lage dort bessert sich.

Der Euro allein kann Defizite nicht beseitigen. Eine Abwertung von Franc und Lira, wie in der Vergangenheit, würde die Probleme und politischen Nachlässigkeiten in Frankreich und Italien nur kaschieren. Dem Euro die Schuld für Wohlstandsverluste in die Schuhe zu schieben geht an der Realität vorbei. Die großen Unterschiede bleiben freilich höchst problematisch. Stärken sie doch Euro-Kritiker und Populisten, so abwegig und unseriös ihre Argumente auch sein mögen.

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