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Steuergelder für gut verdienende Autokonzerne? Da stimmt doch etwas nicht.

© REUTERS/Denis Balibouse/File Photo

Autobranche will Subventionen für E-Autos: Diese Forderung ist dreist!

Die gut verdienenden deutschen Autobauer wollen Geld für die Verkehrswende. Das wäre das völlig falsche Signal. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Henrik Mortsiefer

Das fehlte noch: Die gut verdienenden Autokonzerne brauchen mehr Subventionen, damit die Elektromobilität ein lohnendes Geschäft für sie wird. So jedenfalls könnte man den Verband der Automobilindustrie verstehen, der anlässlich des x-ten „Autogipfels“ im Kanzleramt am Mittwoch forderte, der Staat möge Hersteller und Zulieferer mit „zehn bis 20 Milliarden“ zusätzlich unterstützen. Es klingt wie eine erpresserische Mahnung: Wenn ihr wollt, dass wir Nummer eins in der Welt bleiben, dann tut etwas.

Das ist dreist, wenn man bedenkt, wie robust die deutschen Autobauer ihre Marktführerschaft zuletzt verteidigt haben. BMW, Daimler und Volkswagen haben im vergangenen Jahr jeweils so viele Autos verkauft wie noch nie, und sie sitzen auf dicken Finanzpolstern. Dreist ist es auch, weil die Konzerne genau wissen, dass der Staat nicht untätig ist.

Gerade erst wurden Kaufprämien und Steuervorteile für E-Fahrzeuge deutlich erhöht, Forschung und Entwicklung werden seit Jahren gefördert, für den schnelleren Aufbau der Ladeinfrastruktur hat der Bund einen „Masterplan“ aufgesetzt und eine „Nationale Leitstelle“ eingerichtet. In einem ersten Schritt stehen bis 2023 drei Milliarden Euro für den Aufbau der Tank- und Ladeinfrastruktur zur Verfügung.

Die Liste ließe sich verlängern. Sind die Sorgen der Autolobby dennoch berechtigt? Nein, das Gegenteil ist der Fall. Es war das stets verständnisvolle Entgegenkommen der Politik und die nachlässige Regulierung, die es der Autoindustrie über Jahrzehnte erlaubt haben, ihr Geschäftsmodell zur Perfektion zu treiben. Zum ersten Mal in der 100-jährigen Erfolgsgeschichte könnte es nun vorbei sein mit dem Kuschelkurs.

Denn die autofreundliche Politik hat die Branche zu bequem gemacht. Sie hat viel vom Wandel gesprochen, aber zu spät reagiert. Der E-Motor ersetzt den Verbrenner, Batterien ersetzen den Sprit, IT-Entwickler ersetzen die Mechaniker – und womöglich ersetzen irgendwann Autobauer aus Asien oder Kalifornien die deutschen „Premiumhersteller“. Einen Grund zur Häme gibt es nicht.

Es mangelt an Mut und Entschlossenheit

Die Warnung der Gewerkschaften, es könnten im Ernstfall mehr als 400.000 Jobs verloren gehen, sollten alle ernst nehmen. Und die Frage, wo private Geschäftsmodelle enden und öffentliche Daseinsvorsorge beginnt, muss man sich stellen. Der Umbau findet ja nicht zufällig statt, sondern aus Gründen des Klimaschutzes.

Der Ausbau der Stromnetze und die nachhaltige Stromversorgung, das Ausbildungs- und Qualifizierungssystem, die Ladeinfrastruktur, die Steuergesetze und das Baurecht fallen – mit Abstrichen – allesamt in den Aufgabenbereich des Staates.

Aber der Staat baut keine Autos, erfindet keine neuen Antriebstechnologien, schafft keine Begehrlichkeiten für neue Produkte und weckt nicht den Pioniergeist. Hier müssen die Autobauer und ihre Zulieferer ran. An Fantasie mangelt es ihnen nicht, nur manchmal an Mut und Entschlossenheit. Wem will man das verdenken, wenn es allen in der Branche so lange so gut gegangen ist. Nur der Staat, der kann daran mit noch mehr Geld wenig ändern.

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