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„Erstaunliches Verbot“. Für Berichte über die Architektur der Reichstagskuppel gibt es künftig keine Foto- und Drehgenehmigung mehr.

© Paul Zinken/dpa

Vorwurf der Bundespressekonferenz: "Bundestag beschränkt Arbeit von Journalisten"

Die verschärften Regeln für Journalisten im Bundestag erzürnen die Bundespressekonferenz. Der DJV sieht darin die "weitgehende Verhinderung von Journalismus".

„Rund 23 Meter hoch und 40 Meter breit – mit dem Regierungsumzug im Jahr 1999 erhielt das Reichstagsgebäude wieder eine Kuppel“ – für solche Schilderungen – entnommen von der Homepage des Deutschen Bundestages – erhalten Journalisten nach den neuen „Zugangs- und Verhaltensregeln“ für das Parlament möglicherweise künftig keine Genehmigung mehr.

„Foto- und Filmaufnahmen auf der Dachterrasse und Kuppel sind ausschließlich zur politisch-parlamentarischen Berichterstattung möglich, wenn mindestens eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter im Mittelpunkt der Berichterstattung steht. Für gewerbliche Zwecke oder zur Berichterstattung über andere Themen wie Tourismus, Architektur und Ähnliche werden grundsätzlich keine Foto- und Drehgenehmigungen erteilt“, heißt es dort ausdrücklich. „Ein erstaunliches Verbot“, wie die Bundespressekonferenz vermerkt.

Und das ist nicht die einzige Verwerfung zwischen den Hauptstadtjournalisten und dem Bundestag, der im Rahmen verschärfter Sicherheitsbestimmungen diverse Regeln für Journalisten geändert hat.

Einschränkungen vom Keller bis zur Kuppel

Der Ärger entzündet sich an mehreren Änderungen. So hat der Bundestag unter anderem die Kooperation mit der Bundesregierung bei der Ausweisregelung aufgekündigt. Für Regierung und Ministerien gilt der Ausweis zwar weiterhin für eine Legislaturperiode, für den Bundestag muss er nun jährlich beantragt werden. Zudem herrscht bei den Journalisten kein Verständnis, dass nun sämtliche Mitglieder der Bundespressekonferenz „Sicherheitsüberprüfungen wie an Flughäfen“ unterzogen werden, die schärfer sind als bei Bundesregierung und Ministerien. Zudem wird die Bewegungsfreiheit für Journalisten in den Gebäuden des Bundestags – Beispiel Kuppel – eingeschränkt.

Gregor Mayntz, Vorsitzender des Vorstandes der Bundespressekonferenz, äußert großes Verständnis für Sicherheitserwägungen. Er ist jedoch über den „Geist des Misstrauens“ besorgt, der selbst Journalisten gegenüber gezeigt wird, die seit Jahrzehnten im Bundestag ein- und ausgehen. Über Monate habe die Bundespressekonferenz vergeblich gegen diese Änderungen argumentiert, sei dabei auf taube Ohren gestoßen. Die Bundespressekonferenz fordert den Bundestag nun auf, sich an den Sicherheitsvorkehrungen der Bundesregierung zu orientieren. Zudem protestiert sie gegen die neuen Jahresakkreditierungen und bittet den Ältestenrat, diese Entscheidung zu überprüfen.

Manche Regeln seien im Rahmen der üblichen Berichterstattung schlicht nicht praktikabel, moniert Mayntz, der zur Parlamentsredaktion der „Rheinischen Post“ gehört. Wenn Journalisten nur noch in Begleitung eines Abgeordneten in bestimmte Bereiche gelangten, sei es kaum noch möglich, ein spontanes Stimmungsbild zu erstellen. In den Keller kämen Medienvertreter zudem nur noch nach vorheriger Genehmigung durch die Pressestelle. Allerdings tagt dort auch das Parlamentarische Kontrollgremium.

"Beschränkungen absolut absurd"

„In der tagesaktuellen Arbeit, wenn beispielsweise kurzfristig zu einem Statement geladen wird, sind diese Zugangsbeschränkungen absolut absurd“, sagt Frank Überall, der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV). Journalisten arbeiteten inzwischen unter enormen Zeitdruck. Solche Verzögerungen kommen daher einer „weitgehenden Verhinderung von Journalismus“ gleich, sagte der DJV-Chef dem Tagesspiegel. „Es kommt doch niemand in den Bundestag, weil die Kantine so toll ist.“

Auch die Abgeordneten täten sich keinen Gefallen damit und sollten dringend etwas gegen die Neuregelungen unternehmen. Zur Entschärfung der Lage schlägt Überall ein zweigeteiltes Ausweisverfahren vor, bei dem sich Journalisten, die eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen haben, weiterhin frei bewegen können. Bei Tagesausweisen oder ohne diesen Check könnten die neuen Regeln zur Anwendung kommen.

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