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Von den untersuchten Medien fallen nur wenige durch Ausgewogenheit oder Neutralität auf.

© SIMELA PANTZARTZI/dpa

Studie der Hans-Böckler-Stiftung: Deutsche Medien berichten unausgewogen über Griechenland

Die meisten Presse-Veröffentlichungen zur griechischen Schuldenkrise schüren Misstrauen und Verunsicherung in der Bevölkerung, sagen Experten.

Deutsche Medien haben über die griechische Schuldenkrise einer Studie zufolge oft unausgewogen und oberflächlich berichtet. Die Berichterstattung sei mehrheitlich meinungsorientiert und wertend gewesen, hieß es in der am Mittwochabend in Berlin vorgestellten Untersuchung im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. So seien etwa Mitglieder der griechischen Regierung überwiegend negativ dargestellt worden.

Für die Studie untersuchten Wissenschaftler der Universität Würzburg die Griechenland-Berichterstattung im ersten Halbjahr 2015 am Beispiel der Tageszeitungen „Die Welt“, „Bild“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Süddeutsche Zeitung“ und „taz“ sowie der Onlineplattform „Spiegel Online“.

Insgesamt wurde in 1.442 Artikeln über die griechische Staatsschuldenkrise berichtet, wie es hieß. Dabei sei die Diskussion über die Reformvorhaben der Regierung in Athen nur unzureichend aufgegriffen worden. Stattdessen ging es den Autoren zufolge vor allem allgemein um Hilfsprogramme sowie um den „Nebenschauplatz“ der Forderung nach Reparationszahlungen Deutschlands für Schäden, die Griechenland im Zweiten Weltkrieg zugefügt wurden. In vielen Artikeln seien Inhalte, über die gestritten wurde, nicht benannt worden, dafür aber sehr oft der Grexit als mögliche Konsequenz. Eine tiefe Hintergrundberichterstattung hätten nur wenige Artikel geliefert.

Kein einziger positiver Artikel in der "Bild"-Zeitung

In gut einem Viertel (26 Prozent) der Beiträge gingen den Forschern zufolge Meinungen und Wertungen direkt und offensichtlich von den Verfassern aus. Dabei hätten sich die Journalisten in rund 45 Prozent der Fälle gegen die griechische Regierung positioniert. Nur 16 Prozent äußerten sich positiv und 39 Prozent neutral. In der „Bild“-Zeitung habe sich in keinem einzigen Artikel eine positive Positionierung gegenüber der Regierung in Athen gefunden, hieß es in der Studie. Die

Bei der „Welt“ waren es 60 Prozent der Beiträge, bei der „Süddeutschen Zeitung“ rund 49 Prozent, bei „Spiegel Online“ 35 Prozent und bei der FAZ 33 Prozent. „Die 'taz' ist die einzige untersuchte Zeitung, in der sich die Journalisten im gleichen Ausmaß positiv wie negativ (je 23,9 Prozent) gegenüber der griechischen Regierung positionierten“, hieß es. In der FAZ hätten sich Journalisten in den meisten Artikeln neutral gezeigt.

Auch in eigentlich neutralen Darstellungsformen hätten Journalisten ganz offen ihre Meinung vertreten, erklärten die Wissenschaftler. Das treffe in jedem dritten Fall auf Nachrichten und Berichte zu sowie auf jeden zehnten Hintergrundartikel.

Journalistische Qualitätskriterien wie Ausgewogenheit und Neutralität seien insgesamt zu wenig beachtet worden, kritisierten die Autoren. Die Berichterstattung trage dazu bei, Misstrauen und Verunsicherung bei der Bevölkerung zu schüren. (epd)

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