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Der frühere Volksbühnen-Chef Frank Castorf wirft Berlins Regierendem Bürgermeister Michel Müller im "Spiegel"-Interview vor, Müller hätte nie was von seiner Arbeit in der Volksbühne gesehen

© dpa

Update

"Spiegel" kürzt Castorf-Interview: „Müller hatte nie was von uns gesehen“

"Der Spiegel" kürzt fürs Digitale ein Interview mit Frank Castorf. Der hatte sich über die Theaterleidenschaftslosigkeit des Regierenden Bürgermeisters beklagt. Was Michael Müller wieder nicht passte.

Im gedruckten „Spiegel“ vom 21. April dieses Jahres fand sich ein prickelndes Interview mit Frank Castorf, der die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz von 1992 bis 2017 geleitet hatte. Eine der Fragen insinuierte, dass Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller Castorfs Ablösung durch Chris Dercon nur deshalb beschlossen habe, „weil er fand, 25 Jahre Volksbühne auf dem Chefsessel seien genug“. Castorfs Antwort in der Online-Version und im E-Paper ist sehr kurz: „Müller hatte nie was von uns gesehen.“

In der gedruckten Version war sie zwölf Zeilen länger, Castorf zitiert darin unter anderem aus seinem Gespräch mit Müller, der dabei gesagt haben soll: „Herr Castorf, ich muss Ihnen sagen, ich bin noch nie im Theater gewesen.

Aber immerhin schon mal in der Oper, betonte laut Castorf der Regierende Bürgermeister. Was aber, so Castorf in seiner Antwort im „Spiegel“ weiter, nicht stimme. Das habe er von „seinem Freund Jürgen Flimm aus der Staatsoper“ gehört.

Michael Müller war von den Aussagen von Frank Castorf alles andere als amüsiert.
Michael Müller war von den Aussagen von Frank Castorf alles andere als amüsiert.

© Kai-Uwe Heinrich

Michael Müller wollte diese Äußerungen nicht auf sich sitzen lassen. In seinem Auftrag wurde Anwalt Christian Schertz tätig. Er schrieb dem "Spiegel", dass "sämtliche Aussagen falsch sind". Allerdings wurden von Schertz keine formaljuristischen Ansprüche wie Unterlassung, Gegendarstellung oder Richtigstellung angemeldet, sondern einfach nur darum gebeten, die inkriminierten Passagen nicht mehr zu verbreiten und offline zu nehmen.

Im Antwortschreiben des "Spiegel"-Justitiariats heißt es: "In der Tat lohnt hier kein Streit, wir haben nicht vor, uns zum Schiedsrichter der Protagonisten zu machen". Es wurde zugesagt, die betreffende Passage nicht weiter im digitalen Archiv vorzuhalten oder sonst wie zu verbreiten.

Oder um es in den Worten von "Spiegel“-Sprecherin Anja zum Hingst zu sagen: „In seiner Antwort auf eine Frage des ,Spiegel‘ zitiert Regisseur Frank Castorf Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Dieser lässt uns nach Erscheinen des Interviews in ,Spiegel‘ 17/2018 über seinen Anwalt Christian Schertz mitteilen, dass sämtliche Aussagen Castorfs über Müller falsch seien, und fordert den Spiegel auf, diese Aussagen nicht weiter zu verbreiten. Für die digitale Ausgabe des Spiegel haben wir daraufhin die Antwort Castorfs um die wörtlichen Zitate gekürzt.“

Bleibt eine Recherche offen: Wann, wo und wie oft war Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller im Sprechtheater und in der Oper?

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