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Bekannte Namen: Dominic Raacke (Mitte), Sky Du Mont und Julia Lowack gehören zu den 60 Sprechern der Hörspiel-Serie „Glashaus“.

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Neue Hörspiele: Kopfkino in Serie

Amazon überträgt das TV-Staffelkonzept auf den Hörspielmarkt. Die zweite Staffel von "Glashaus" wirbt mit großen Namen.

„Es war ein ziemlicher Höllenritt. Ein Mann mit einem Chip im Kopf durchleidet Qualen, die mir als Schauspieler einiges abforderten“, erzählt Ex-„Tatort“-Kommissar Dominic Raacke über die Aufnahmen für die Cybercrime-Hörspielserie „Glashaus“. Ein „intensives Audio-Drama, hart emotional und spannend bis zum Schluss“, so beschreibt es der Schauspieler und Sprecher. Raacke ist auch in der zweiten Staffel der Hörspielserie, die der zum Amazon-Imperium gehörende Hörbuch- und Hörspielverlag Audible in dieser Woche herausbringt, die zentrale Figur. Was beim TV-Streaming zum Kerngeschäft gehört, hält somit nun auch bei Hörspielen für Erwachsene Einzug.

Im Jugendsegment gibt es bereits eine ganze Reihe von langlaufenden Hörspielreihen, allen voran die Abenteuer von „Die drei ???“. Inzwischen ist die Produktion um die drei Junior-Detektive Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews bei Folge 178 „Der gefiederte Schrecken“ angekommen. Seit dem Start der Serie im Jahr 1968 wurden in Deutschland über 45 Millionen Tonträger von „Die drei ???“ verkauft. Jedes neue Hörspiel erreicht spätestens nach drei Monaten mit über 100 000 verkauften CDs Goldstatus, jedes Jahr kommt die Reihe auf 1,5 Millionen verkaufte Hörspiele und stellt damit zumindest in Europa manch internationale Gesangsstars in den Schatten. Inzwischen gibt es auch ein Comic dazu.

Die Plattform Audible verdient ihr Geld im Wesentlichen mit einem Abo-Modell, bei dem die Kunden monatlich mindestens rund zehn Euro ausgeben. Dass Audible auf Serien setzt, ist somit nicht verwunderlich. Allerdings verzichtet das Amazon-Unternehmen darauf, die zehn Teile der „Glashaus“-Staffel einzeln und zeitlich gestaffelt anzubieten, um die Abonnenten häufiger in den Shop zu lenken. Stattdessen gibt es auch dieses Hörspiel in einem Rutsch.

Glashaus ist der Name einer Sondereinheit zur Bekämpfung von Internetverbrechen in Deutschland. In der neuen Staffel wird der von Dominic Raacke gesprochene Ex-Kommissar Mark West zum neuen Leiter dieser Truppe. Er kämpft gegen den Oberschurken aus der ersten Staffel, der irgendwie doch überlebt hat und nun mit einer globalen Hackerattacke die Finanzzentren der Welt erbeben lässt. Sky Du Mont in der Rolle von Kanzleramtschef Hofer baut derweil die Vorratsdatenspeicherung zur unbegrenzten Datensammlung aus und scheint auch sonst eigene Interessen zu verfolgen. 60 Sprecher haben die Geschichte vertont, die ganz ohne Erzählerpassagen auskommt.

Tad Williams "Otherland" ist 24 Stunden lang

Mit großen Hörspiel-Produktionen hat sich aber auch der zu Random House gehörende Hörverlag einen Namen gemacht. Die in vier Teilen mit je sechs Stunden Länge aufgeteilte „Otherland“-Vertonung von Tad Williams Cyberpunk-Werk, die der Hörverlag zusammen mit dem Hessischen Rundfunk auf die Beine gestellt hat, war 2004 das größte Hörspielprojekt in der Geschichte des deutschen Rundfunks. 2012 folgte mit „Ulysses“ von James Joyce ein ähnlich gewaltiges Projekt, an dem neben dem Hörverlag noch der SWR und der Deutschlandfunk beteiligt waren. Corinna Harfouch, Dietmar Bär, Manfred Zapatka, Thomas Thieme und viele andere sprachen insgesamt 1290 Minuten ein – also umgerechnet 21,5 Stunden. Welche Projekte ein Verlag angeht, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. Für „Ulysses“ sprach unter anderem, dass die Urheberrechte 70 Jahre nach dem Tod des Autors abgelaufen waren. Im kommenden Frühjahr bringt der Hörverlag Hermann Hesses „Siddhartha“ als Hörspiel unter anderem mit Iris Berben und Matthias Koeberlin heraus.

Für Audible sind die beiden „Glashaus“-Staffeln von Autor Christian Gailus kein Einzelfall. Ebenfalls recht erfolgreich gelaufen ist in diesem Jahr die Hörspiel-Serie „Monster 83“ von Ivar Leon Menger, die den Hörer in den US-Bundesstaat Oregon führt. Dort kommt es 1983 zu einer Reihe unerklärlicher Todesfälle, alles sieht nach einem Serienverbrechen aus. Menger hat den Mystery-Krimi exklusiv für Audible konzipiert und zusammen mit zwei Co-Autoren geschrieben. Den Fans der Serie schrieb er auf Facebook: „Oh je, da werde ich ja ganz rot: Danke für die unglaublich tolle Rezension für ,Monster 1983‘! Wir geben alles für Staffel 2, versprochen!“

Wer statt Mystery und Science-Fiction eher auf klassische Krimis steht, findet im Radio-„Tatort“ eine Alternative. Neun Teams vom Bayerischen Rundfunk über den RBB bis zum WDR ermitteln seit 2008 abwechselnd. Die neuen Folgen werden im Radio ausgestrahlt, stehen aber auch kostenlos im Internet zur Verfügung. Die neue Folge mit dem Titel „Queenie“ des NDR gibt es dort bereits als MP3-Download.

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