zum Hauptinhalt
Die neue Art, fernzusehen.  Reed Hastings gründete 1997 eine Online-Video-Versandfirma. Mittlerweile hat der Streamingdienst Netflix über 60 Millionen Kunden weltweit.

© dpa

Netflix-Gründer Reed Hastings in Berlin: „Nennen Sie mich Reed“

Wegen dieses Mannes sind wir Serien-süchtig: Netflix-Gründer Reed Hastings ist Stargast auf der Media Convention in Berlin.

Mister Hastings, was halten Sie eigentlich von der NSA? Kurze Pause, kurzes Stutzen. Gegenfrage an den Journalisten: Mögen und nutzen Sie Apple oder Google Maps, wenn Sie Verkehrsinformationen benötigen, geben Sie dort nicht auch persönliche Daten frei? Da sitzt er, Reed Hastings, Gründer von Netflix, in einem Hotel im Berliner Tiergarten, und warum soll sich der Mann, der das Fernsehen revolutioniert hat, jetzt auch mit dem beschäftigen, was die Netzaktivisten auf der re:publica ein paar Kilometer weiter umtreibt, mit ihrem dringenden Appell gegen die Überwachung der Bürger durch staatliche Dienste. Der Streaming-Abodienst Netflix gehe eh’ verantwortungsvoll mit den Daten seiner Nutzer um, jedenfalls hat er keine Werbung auf seinen Webseiten laufen. Das schaffe schon mal keinen verfügbaren Pool an Daten, was ein Netflix-Gucker gerne mag, gerne trägt oder trinkt.

Und überhaupt: Zur Zukunft der digitalen Unterhaltung soll Hastings an diesem Dienstagnachmittag auf der Media Convention reden. Wer weiß darüber besser Bescheid als der Mann, der 1997 eine Online-Video-Versandfirma gründete, wo Filme noch auf DVD und Blue-Ray versandt wurden, daraus zehn Jahre später einen Video-on-Demand-Dienst machte und 2011 mit der Produktion von eigenen Serien wie „House of Cards“, „Fargo“ oder „Daredevil“ begann. Serien, die für einen Innovationsschub in der Medienlandschaft sorgten, hochwertige Serien, die 100 Millionen Dollar kosten, deren Inhalt fast jeder Besucher auf der re:publica herbeten könnte. Jedenfalls die, die bereit sind, neun Euro im Monat für Netflix auszugeben.

„Da ist so viel Kreativität unterwegs.“

Hastings lächelt. Von wegen Mister Hastings. „Nennen Sie mich Reed, wenn Sie Antworten haben möchten.“ Über Zielgruppen möchte der 54-Jährige gar nicht so gerne reden. Und die Zukunft der digitalen Unterhaltung? „Da ist so viel Kreativität unterwegs.“ Natürlich, Streaming-Dienste, Internet-TV, nicht-lineares Fernsehen, interaktive Dokumentarfilme, Serien und Filme schauen, wann und wo man will, im Bus, im Zug. Wie ein Buch, das schnell zur Hand ist. 62 Millionen Nutzer weltweit hat Netflix mittlerweile, davon 20 Millionen im internationalen Markt, alleine fünf Millionen sind im vergangenen Quartal hinzugekommen. Netflix ist in mehr als 40 Ländern verfügbar, sogar in Kuba.

Fakten und Zahlen, auf die man stolz sein kann. Netflix ist in, Netflix ist schick. Was gäben ARD oder ZDF dafür, so ein Image zu haben. Nicht umsonst wird Hastings als Stargast auf die Media Convention geladen. Natürlich will sich der Chef des Streamingdienstes nicht auf diesem Erfolg ausruhen, getreu seinem Motto, nur derjenige überlebe in der digitalen Welt, der sich ständig weiterentwickele.

Noch mehr international produzierte Serien

Was kann da noch kommen? Das Streaming-Angebot von Netflix wurde anfangs von den Managern der großen Fernsehsender belächelt. Doch als sie den Erfolg von Netflix sahen, zogen etliche nach, Amazon schuf einen eigenen Streaming-Dienst, die Fernsehsender richteten Mediatheken ein, in denen der Zuschauer Filme abrufen kann, wann er es will und nicht mehr an einen vorgegebenen Sendeplan gebunden ist. In Deutschland tummeln sich nun mit Maxdome, iTunes, Sky Go, Watchever und Amazon Prime Video weitere VoD-Anbieter auf dem VoD-Markt. Noch bessere Video-Qualität, Filme in 4K, zweite Staffeln von „Orange is the New Black“ und „Bloodline“, noch mehr international produzierte Serien, gerne auch zusammen mit deutschen Produzenten („Homeland“ macht es mit seiner komplett in Berlin und Babelsberg produzierten Staffel gerade vor) – all das kündigt Hastings als nächste Schritte für Netflix an.

Noch Fragen? Die Zeit drängt. Gleich muss der Stargast zur Media Convention. Journalisten stehen vor der Tür. Um fünf Uhr ist Reed Hastings aufgestanden, am nächsten Morgen sitzt er wieder im Flieger. Bei 40 Ländern soll nicht Schluss sein, was die weltweite Verfügbarkeit von Netflix betrifft. Der Mann ist mehr im Jetlag, als in der Firmenzentrale in Los Gatos. Dort soll er sowieso kein eigenes Büro haben. Netflix macht wirklich vieles anders.

Zur Startseite