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Die Polizistin Robin (Elisabeth Moss).

© Arte

Mystery: Geheimnisvolle Serie "Top of the Lake"

Verschwundenes Mädchen, traumatisierte Ermittlerin, Hippies am See: Eine grandiose neuseeländische Fernsehserie von Autorenfilmerin Jane Campion erinnert an „Twin Peaks“.

Ein See, eine Legende vom Herzen eines Dämons auf dessen Grund und eine Kleinstadt mit dunklen Geheimnissen: die Mini-Serie der neuseeländischen Autorenfilmerin Jane Campion „Top of the Lake“ begeistert weltweit die Kritiker, unter anderem auf der diesjährigen Berlinale, wo sie erstmals ausgestrahlt wurde.

Im Grunde braucht es für diesen bildgewaltigen Film die Kinoleinwand oder mindestens einen Zwei-Meter-TV-Bildschirm. Von der ersten Szene an: der Selbstmordversuch eines Mädchens Tui (Jacqueline Joe) vor einer Kulisse von atemberaubender Schönheit. Die Zwölfjährige geht immer tiefer in einen Bergsee hinein. Wabernde Nebel, die Gebirge im blauen Winterlicht, kristallklares Wasser, mittendrin dieses offenbar todtraurige Kind. Eine Nachbarin reißt das Mädchen in Schuluniform aus dem Wasser und setzt damit eine sechsstündige Mystery-Krimi-Geschichte in Gang, die in ihrer Faszination, ihrer Ästhetik schwer zu fassen ist, die irgendwo zwischen „Big Lebowski“, „Breaking Bad“ und David Lynchs „Twin Peaks“ zu verorten ist.

Kurz nach ihrer Rettung verschwindet das Mädchen. Die junge Polizistin Robin Griffin (Elisabeth Moss, bekannt als Peggy aus der US-Serie „Mad Men“), die aus Sydney in ihre neuseeländische Kleinstadt-Heimat zurückkehrt, um ihre krebskranke Mutter zu besuchen, macht sich auf die Suche nach dem schwangeren Mädchen, das sich weigerte, den Namen des Vaters preiszugeben.

Die Polizistin, die auf Missbrauchsfälle spezialisiert ist, stößt auf viel Widerstand in dem Dorf am See und seinen Sicherheitskräften. Über allem schwebt eine Atmosphäre von Gewalt. Bei den Ermittlungen werden bei der Polizistin auch eigene traumatischen Erfahrungen als junges Mädchen freigelegt. Sie wird aufgerieben zwischen der Legende um einen Dämon, der auf dem Boden des Sees ruhen soll, den ziemlich rohen, brutalen Männern des Ortes und einer Clique frustrierter Frauen um die 50, die am See ein Containerdorf errichtet haben, um ihre kaputten Leben zu verarbeiten. Ihre Anführerin (Holly Hunter) scheint hellseherischere Kräfte zu haben. „Haben Sie gute Knie? Sie werden tief fallen“, prophezeit sie der Ermittlerin.

Die Mini-Serie wurde auf dem „Sundance Film Festival“ gezeigt, eine außergewöhnliche Ehre für eine TV-Serie, die sicher nicht jedermanns Sache ist. Skurriler, lässiger Humor auf der einen, viele mystisch-religiöse Anspielungen auf der anderen Seite: bei der Konfrontation weiblicher Siedlungs-Kommunarden, die gerne mal nackt rumlaufen, mit roher, männlicher Gewalt in Person des Drogenbarons Mate an einem Flecken Erde namens „Paradise“. Dazu die scheinbar unbefleckte Empfängnis einer Zwölfjährigen. Mit dem Sechsteiler zeigt die Regisseurin Jane Campion, die als erste Frau der Filmgeschichte für „The Piano“ in Cannes die Goldene Palme erhalten hatte, ähnlich wie Martin Scorsese („Boardwalk Empire“) in den USA, dass man das Fernsehformat durchaus in eigener Sache nutzen kann.

Großes Kino, große Kulisse, schauspielerisch hervorragend besetzt, allen voran Holly Hunter als Führerin mit „höherer Bewusstseinsstufe“. Macht süchtig.

„Top of the Lake“, Arte, Donnerstag, die ersten drei Folgen ab 21 Uhr

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