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Mehr Interaktion unter den Nutzern, verspricht Mark Zuckerberg. Doch mehr Wettbewerb um die Werbeplätze verheißt vor allem mehr Gewinn für Facebook.

© dpa

Mehr Menschen, weniger Medien: Zeitungsverleger kritisieren neuen Facebook-Algorithmus

Facebook will Beiträge von Freunden und Familien zu Lasten von Marken und Medien hervorheben. Das stößt auf Kritik unter anderem von Zeitungsverlegern, die von der Plattform Neutralität fordern.

Mark Zuckerberg, der Gründer und Chef von Facebook, sorgt sich um die Zufriedenheit der Nutzer des weltweit größten sozialen Netzwerks. „Vor kurzem haben wir Feedback von unserer Community erhalten, dass öffentliche Inhalte – Beiträge von Unternehmen, Marken und Medien – die persönlichen Momente verdrängen, die uns dazu führen, mehr miteinander zu verbinden“, hat er am Donnerstagabend in einer Nachricht an die 2,1 Milliarden Nutzer geschrieben, und eine Änderung des Facebook-Algorithmus angekündigt, damit „die Zeit, die wir alle auf Facebook verbringen, gut ausgegeben wird“. Ums Ausgeben und Einnehmen geht es indes auch in anderer Hinsicht.

In der Timeline des Netzwerkes sollen künftig Beiträge von Freunden und Familie höher gewichtet, Posts von Marken, Medien und politischen Gruppen dagegen weniger häufiger gezeigt werden. Damit soll das Netzwerk wieder stärker auf das ursprüngliche Ziel ausgerichtet werden, persönliche Verbindungen zu ermöglichen, so Zuckerberg: „Die Forschung zeigt, dass die Stärkung unserer Beziehungen unser Wohlergehen und das Glück verbessert.“

Social-Media-Experten wie Frederik Fischer, Chefredakteur der News-Empfehlungsseite piqd und Dozent der Hamburg Media School Digital Journalism, findet die Strategieänderung nachvollziehbar, „weil der Newsfeed zuletzt immer mehr Werbung enthielt“. Doch die Änderung lässt sich nach seiner Ansicht auch anders interpretieren: als Mittel zur Profitmaximierung. Denn Facebook wird durch die Änderung den Gewinn weiter steigern, erwartet Fischer.

Mehr Wettbewerb um Werbeplätze

Und so wird künftig mit den Beiträgen von Marken und Medien umgegangen: Sie werden in den Timelines vor allem dann bevorzugt gezeigt, wenn sich der Freundeskreis darüber austauscht. Oder weil sich die Inhalte-Anbieter den Platz im Nachrichtenstrom der Nutzer über Facebooks Anzeigenplattform kaufen. „Möglicherweise wird es etwas weniger solcher Beiträge geben, aber viele Inhalteanbieter werden Geld zur Erhöhung der Reichweite ausgeben“, glaubt Fischer. Denn die Zahl der Werbeplätze wird nicht steigen, aber der Wettbewerb darum.

Die Bedeutung von Facebook als Traffic-Beschaffer für die Webseiten der Medienhäuser ist beachtlich. Die Detaildaten werden zwar nicht publiziert, aber eine Veröffentlichtung des US-Netzwerkes Parse.ly, das Medien wie „Wired“, Reuters und „The Daily Telegraph“ zu seinen Partnern zählt, lässt die Tragweite erkennen. Von den über sechs Milliarden monatlichen Seitenaufrufen des Netzwerkes stammten 2016 über 40 Prozent von sozialen Netzwerken, allen voran von Facebook. Das Zuckerberg-Netzwerk hat selbst aktiv dazu beigetragen, in dem es sich als Plattform für Markenkampagnen und Medieninhalte geöffnet hatte, unter anderem mit dem Werkzeug der Instant Articles, die sogar auf Facebook-Servern vorgehalten werden, damit die Nutzer sie zügiger abrufen können.

Für den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) stellt sich nun die Frage, ob eine derart dominante Plattform wie Facebook eine solche Änderungen nach eigenem Gutdünken vornehmen darf. „Facebooks aktuelle Entscheidung, Verlagsangebote im Newsfeed deutlich weniger sichtbar zu machen, es sei denn, Medien zahlen dafür eine Premiumgebühr, zeigt deutlich, dass wir dringend angemessene Regelungen für Plattformen brauchen. Die Auffindbarkeit von Inhalten der Zeitungshäuser muss bei markdominanten Anbietern durch Maßnahmen zur Sicherung der Plattform- und Suchmaschinenneutralität sichergestellt werden“, fordert der Verband. Für entsprechende gesetzliche Regelungen sei die Politik in Berlin und Brüssel zuständig. Ein effektiv durchsetzbares Verbot der Begünstigung eigener Angebote und der Benachteiligung von Drittangeboten durch marktbeherrschende Plattformen sei grundlegend für den Erhalt der Presse- und damit der Meinungsvielfalt, so der BDZV.

"Das System neu fokussieren"

Zuckerberg rechnet derweil damit, dass mit den Änderungen Menschen weniger Zeit bei Facebook verbringen würden. „Aber ich erwarte auch, dass die bei Facebook verbrachte Zeit wertvoller sein wird.“ Damit werde die Entscheidung auf lange Sicht auch für das Geschäft gut sein. „Wir müssen das System neu fokussieren“, sagte der Facebook-Chef der „New York Times“.

Als Mittel gegen Fake-News taugt der neue Algorithmus hingegen nur bedingt. Zwar dürften Nachrichten von Medien wie „Breitbart News“ nicht mehr so häufig in der Timeline auftauchen, doch es liegt in der Natur der Sache, dass populistische Beiträge besonders heftig diskutiert werden und somit doch wieder die Aufmerksamkeit der Nutzer erregen.

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