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Zukunftskurs: Die „New York Times“ verdient inzwischen mehr Geld mit Digitalabos als mit Printwerbung.

© Weiss/AFP

MEDIA Lab: Innovation, nicht nur Technik

Mehr als nur neue Vertriebswege: Der Journalismus der Zukunft benötigt eine konzeptionelle Weiterentwicklung der Inhalte.

Mehr auf Inhalte schauen, nicht nur auf Vertrieb und Technik: Das Fazit des Innovationsberichts des Reuters Instituts der Universität Oxford überzeugt, vernachlässigt aber einen entscheidenden Punkt: Wirklich innovativer Journalismus widmet sich zudem konsequent seiner Rolle als Aufklärungsinstanz in einer digitalen Gesellschaft.

Journalistische Innovation krankt gegenwärtig daran, dass sich viele von neuer Technik blenden lassen, statt konzeptionell zu denken. Das ist Fazit einer Studie, für die das Reuters Institut Oxford auf zwei Journalismuskonferenzen (Global Editors Network Summit und World News Publishing Congress im Mai und Juni in Lissabon) insgesamt 39 Redaktionsmitglieder, Berater und Medienmanager aus 17 Ländern befragt hat. Die Interviewten arbeiten teils für klassische Medienhäuser wie „New York Times“, „Washington Post“ und „Süddeutsche Zeitung“, teils für Start-ups wie Civil oder The Quint, mehrheitlich in leitenden Funktionen.

Die meisten Neuerungen richteten sich bislang auf Vertriebsherausforderungen und fokussierten dafür nötige Techniken – wie Automatisierung, Tracking oder Blockchain. Demgegenüber wurden Inhalte und Geschäftsstrategien vernachlässigt. Hier müsse man, so der Bericht, dringend aufholen. In Zukunft gelte es, eher langsamer, aber bewusster zu entscheiden, sich nachhaltig und an den eigenen Stärken orientiert zu entwickeln. Andernfalls „fressen“ uns die Plattformen, wird Maria Ressa (Rappler.com) zitiert. Kim Bui („Arizona Republic“) und Francesca Donner („New York Times“) mahnen dazu, bei Innovationen das journalistische Kerngeschäft im Fokus zu behalten: innovatives Geschichtenerzählen und neue Ideen für ein besser eingebundenes Publikum.

Was meint Innovation?

Ein weiterer Befund: Offenbar ist man sich uneins, was Innovation im Journalismus alles umfasst. Das erklärt wohl das Defizit der Studie: Übersehen werden in einer digitalen Gesellschaft erst recht zentrale Funktionen von Journalismus – nämlich aufzuklären, wie sich Privatheit sowie diskriminierungsfreie Teilhabe sichern lässt, oder anzumahnen, dass ethische Prinzipien auf automatisierte Systeme anzuwenden und Verantwortlichkeiten im digitalen Raum klar zuzuweisen sind. Innovation umfasst auch Haltung.

Julie Posetti (2018): Time to step away from the ,bright, shiny things‘? Towards a sustainable model of journalism innovation in an era of perpetual change. Journalism Innovation Project. https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/risj-review/journalism-overly-obsessed-bright-shiny-things

Marlis Prinzing

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