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Der Journalist Deniz Yücel

© dpa

M100 Media Award: Journalist Deniz Yücel kritisiert Deutschland-Besuch Erdogans

In Potsdam wurde der M100 Medienpreis an den deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel verliehen. In seiner Rede kritisiert er die Lage in der Türkei.

Der Journalist Deniz Yücel hat die Bundesregierung zu mehr Druck auf die Türkei aufgerufen. Für eine Zusammenarbeit mit dem Staat, in dem er selbst ein Jahr lang wegen Terrorismusvorwürfen inhaftiert war, müssten Bedingungen gestellt werden, sagte Yücel am Dienstagabend in Potsdam bei der Entgegennahme des Medienpreises „M100 Media Award“ 2018. Dazu gehörten auch rechtsstaatliche Standards in der Justiz. Nur einige Gefangene freizulassen, reiche dafür nicht aus.

Es sei kein gutes Zeichen, wenn der Bundespräsident „demnächst einen Verbrecher zum Staatsempfang“ begrüßen wolle, sagte Yücel mit Blick auf den für Ende September geplanten Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Bundesregierung schicke sich damit an, all jene Menschen in der Türkei „zu verraten“, die sich nach einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft sehnten. Es sei „keine gute Idee, sich mit dem Erdogan-Regime zu arrangieren“.

Staats- und Regierungschefs wie Erdogan, Orban, Trump und Putin, die ein fragwürdiges Verhältnis zur Demokratie hätten, könnten „mit demokratischen Mitteln am besten bekämpft werden“, betonte Yücel. Dazu gehöre auch der kritische Journalismus. Für sich selbst würde er „nicht reklamieren, besonderen Mut an den Tag gelegt zu haben“, sagte Yücel mit Blick auf seine journalistische Arbeit und seine Haft. Seine bisherigen Medienpreise habe er eher „durch bloßes Dumm-Rumsitzen im Knast“ bekommen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat auf der Veranstaltung „ideologiefreien, differenzierten Dialog“ über gesellschaftliche Probleme angemahnt. „Unser gemeinsamer Einsatz für kritischen, unabhängigen Qualitätsjournalismus ist eine zentrale Frage im Kampf für die Demokratie“, sagte er bei der Verleihung. Abschottung und Hassparolen seien der falsche Weg. „Wir brauchen auch keine Twitter-Welt, sondern den inhaltsstarken Diskurs.“

Woidke würdigte Yücels journalistischen Einsatz: „Er steht für Demokratie und Meinungsfreiheit, und er hat meine höchste Bewunderung für seine kämpferische Haltung während der Gefangenschaft in der Türkei.“

Yücel war als Korrespondent der Welt/N24-Gruppe ein Jahr wegen angeblicher „Terrorpropaganda“ inhaftiert. Im vergangenen Februar kam er aus der Untersuchungshaft frei und reiste aus. Das Verfahren gegen ihn läuft in der Türkei weiter. Die M100-Preisjury verlieh Yücel den Preis für „seine mutige und unbestechliche Arbeit“. (KNA/dpa/epd/Tsp)

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