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Das Kino-Traumpaar der 50er Jahre. 1956 – im gleichen Jahr wie „Sissi – die junge Kaiserin“ – kam mit „Kitty und die große Welt“ (im Bild) ein weiterer Film mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm in die Kinos. Erst jetzt ist die TV-Fassung wieder zu sehen.

© Sammlung Hoppe/ARD Degeto

"Kitty und die große Welt" bei Arte: Verschollen geglaubter Romy-Schneider-Film erstmals wieder im TV zu sehen

Nach langer Suche: Arte zeigt die verschollen geglaubte Komödie "Kitty und die große Welt" mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm aus der Zeit der "Sissi"-Filme.

Mitte der 1950er Jahre waren Romy Schneider und Karlheinz Böhm das Kinotraumpaar der Nation. Die „Sissi“-Trilogie über die österreichische Kaiserin Elisabeth nimmt seither in den TV-Weihnachtswiederholungen einen Spitzenplatz ein, so auch dieses Jahr im Ersten. Ein Wiedersehen mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm ganz anderer Art läuft am Heiligabend bei Arte: Der deutsch-französische Kulturkanal zeigt die lange verschollen geglaubte Komödie „Kitty und die große Welt“ aus dem Jahr 1956, die bislang nur ein einziges Mal – im Jahr 1966 – im Fernsehen lief.

Nur durch die Detektivarbeit einiger Kino-Enthusiasten um den Filmhistoriker Andreas Hoppe, eine alte Ausgabe der TV-Zeitschrift „Schalt ein/telestar“ und eine mehrjährige Suche, in der auch der 2011 verstorbene Filmrechtehändler Leo Kirch eine Rolle spielt, kann diese Liebesromanze aus der Wirtschaftswunderzeit nun wieder gezeigt werden – wenn auch in einer Schwarz-Weiß-Fernsehkopie.

Als Regisseur Alfred Weidenmann die harmlose, aber rührende Komödie 1956 verfilmte, befand sich die „Sissi“-Welle gerade auf ihrem Höhepunkt. Später erwarb der umtriebige Filmhändler Leo Kirch die Rechte an der Trilogie. Die Auswertungsrechte an „Kitty und die große Welt“ verblieben jedoch beim Herzog-Filmverleih München. Deren Leiter Herbert Tischendorf sammelte nach der Kinoauswertung möglichst immer alle Verleihkopien wieder ein und vernichtete sie. Nur das Originalmaterial behielt er. Heute muss davon ausgegangen werden, dass das Material von „Kitty und die große Welt“ sowie ein Großteil der Produktionsunterlagen in den 1970er Jahren aus Unwissenheit entsorgt wurde.

Es soll noch eine Farbkopie in Mexiko geben

Für die Ausstrahlung im ZDF war 1966 jedoch eine Schwarz-Weiß-Kopie erstellt worden – das Farbfernsehen ging bekanntlich erst 1967 auf Sendung. Die Kopie verschwand später in den Tiefen der Archive. Bis die Filmenthusiasten über eine Ankündigung in der alten TV-Zeitschrift die Spur des Filmes aufnahmen und beim ZDF nachhakten – am Ende erfolgreich. Zu Arte gelangte „Kitty und die große Welt“ über die ARD-Filmtochter Degeto, die die Rechte am Weidenmann-Film erwarb und die Ausstrahlung bei Arte ermöglichte. Die Erlöse sollen in die weitere Suche nach der Farbversion fließen. Die Hoffnung richtet sich auf mögliche Kopien des Films im Ausland. In Frankreich, Finnland, Mexiko und Österreich stießen die Enthusiasten bereits auf Fragmente, aber keinen kompletten Film. In Mexiko gibt es möglicherweise noch einen privaten Sammler mit einer Kopie …

Wüsste man nicht, dass es die Farbversion überhaupt gibt, so würde man dies in der Schwarz-Weiß-Fassung nur im Vorspann bemerken. Einige der Tafeln mit Stab und Besetzung dürften mit den richtigen Farben besser zu lesen sein. „Derrick“-Erfinder Herbert Reinecker schrieb übrigens das Drehbuch. Sobald jedoch der Film selbst beginnt, ist von dieser Einschränkung nur wenig zu bemerken. Zwar hat sich die Mode seither genauso nachhaltig verändert wie das Aussehen von Flugzeugen und Automobilen, doch in anderen Dingen gibt es offensichtlich eine viele Konstanten.

Ort der fiktiven Handlung ist Genf, wo eine der wichtigsten politischen Konferenzen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stattfindet. Briten, Franzosen, Amerikaner und Sowjets wollen gemeinsam die Grundlage für dauerhaften Frieden und Freiheit schaffen. Doch heute wie damals heißt es: Auf Konferenzen wird viel Papier verteilt, doch in den Schlusskommuniqués steht kaum mehr als allgemein gehaltene Vertröstungen.

In "Kitty und die große Welt" spielte Romy Schneider 1956 ein 18-jähriges Manikür-Fräulein, das in das Getriebe der großen Politik gerät.
In "Kitty und die große Welt" spielte Romy Schneider 1956 ein 18-jähriges Manikür-Fräulein, das in das Getriebe der großen Politik gerät.

© Sammlung Hoppe/ARD Degeto

Doch wie der Titel des Films schon sagt, der auf das Bühnenstück „Kitty und die Weltkonferenz“ von Stefan Donat aus dem Jahr 1938 zurückgeht, steht nicht die Politik, sondern das von Romy Schneider gespielte Manikür-Fräulein Kitty Dupont im Zentrum der Handlung. Durch einen Zufall lernt die ebenso naive wie reizende 18-Jährige den britischen Außenminister Sir William Ashlin kennen – für die Weltpolitik spielten zumindest in diesem Film die Amerikaner nicht die Hauptrolle. O. E. Hasse („Canaris“) spielt den weltgewandten Außenminister mit einer Mischung aus Noblesse und Melancholie.

Als ein Foto im Restaurant noch einen Skandal auslöste

Sir William lädt Kitty zum Essen ins Edelrestaurant „Paradiso“ ein, ein Pressefotograf bekommt Wind von dem Treffen und schießt ein Foto, das Tagesgespräch in Genf wird und die gesamte Konferenz zu überschatten droht. Der Bürochef der britischen Delegation betraut danach Ashlins Neffe Robert (Karlheinz Böhm) mit der pikanten Aufgabe, die junge Dame von der Presse fernzuhalten. Von diesem Zeitpunkt an läuft die Geschichte in den von den „Sissi“-Verfilmungen bekannten Bahnen. Der schmucke 28-jährige Politikerneffe – ungewohnt bei Karlheinz Böhm ist in einer Szene nur die gelockerte Krawatte und die aus dem Mundwinkel hängende Zigarette – erliegt dem Liebreiz der Titelfigur. Zigaretten undAlkohol waren damals in Filmen kein Tabu. Und auch die Erwähnung einer amerikanischen Softdrink-Marke fiel ganz offensichtlich noch nicht unter das Schleichwerbeverbot.

Der Film ist bis in die Nebenrollen gut besetzt: Charles Regnier spielt den Chef des Genfer Friseursalons, in dem Kitty arbeitet. Ihr Vater Henry Dupont wird von Paul Dahlke verkörpert, auch Wolfgang Völz ist in einer kleineren Rolle zu sehen. „Kitty und die große Welt“ hat eine einfache Botschaft. Wenn man etwas nur wirklich will, ist beinahe alles möglich – selbst in der Politik, aber vor allem im sonstigen Leben. Vermutlich ist diese Haltung ein Grund, warum die „Sissi“-Filme noch immer erfolgreich laufen.

„Kitty und die große Welt“, Arte, Heiligabend, 22 Uhr 35

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