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Am Montag besuchte Bundesaußenminister Heiko Maas das ehemalige deutsche Konzentrationslager Auschwitz.

© dpa

Entscheidung des BGH: Ein Holocaust-Opfer kann vom ZDF keine Entschuldigung verlangen

Eine ZDF-Doku hatte Auschwitz und Majdanek "polnische Vernichtungslager" genannt. Das wurde geändert, was Karol Tendera aber nicht reichte

Das ZDF muss nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) ein polnisches Gerichtsurteil nicht umsetzen, weil der Sender ansonsten in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten würde. Der Neunte Zivilsenat entschied über einen Vorgang aus dem Jahr 2013: Im Vorfeld einer Dokumentation über die Befreiung der Konzentrationslager Ohrdruf, Buchenwald und Dachau hatte der Sender Majdanek und Auschwitz als „polnische Vernichtungslager“ bezeichnet. Dies rügte die polnische Botschaft in Berlin, woraufhin das ZDF den Text in „deutsche Vernichtungslager auf polnischem Gebiet“ abänderte. Der Pole Karol Tendera, der von den Nationalsozialisten in Auschwitz-Birkenau und Flossenbürg interniert wurde, machte daraufhin eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte geltend, Der Holocaust-Überlebende Tendera sah in der ZDF-Veröffentlichung sein Persönlichkeitsrecht verletzt, insbesondere seine „Nationalidentität“ und seine „Nationalwürde“. Das ZDF entschuldigte sich bei Tendera persönlich zweimal und gestand den Fehler ein. Die Aussage wurde in „deutsche Vernichtungslager auf polnischem Gebiet“ geändert..
2016 wurde zudem eine korrigierte Nachricht veröffentlicht, die ebenfalls mit einer Entschuldigung verbunden war. Der Mann erwirkte zudem ein Urteil des Appellationsgerichts Krakau, das den Sender verpflichten sollte, sich einen Monat lang auf der Startseite des ZDF-Internetauftritts zu entschuldigen und zu erklären, dass es „eine inkorrekte und die Geschichte des polnischen Volkes verfälschende Formulierung“ benutzt habe. Das ZDF veröffentlichte von Dezember 2016 bis Januar 2017 einen Text, was der Pole aber für unzulänglich hielt.

ZDF hat das Recht auf freie Meinungsäußerung

Der BGH wies nun den Antrag auf Vollstreckung des Krakauer Urteils zurück. Nach europäischem Recht sei eine ausländische Entscheidung nicht vollstreckbar, wenn das der öffentlichen Ordnung des Staates widerspreche, für die die Vollstreckung gelte. Das sei der Fall, weil die Ausübung von staatlichem Zwang zur Veröffentlichung der vorformulierten Erklärung gegen das Recht des ZDF auf freie Meinungsäußerung und gegen die Medienfreiheit verstoße. Die Formulierungen des Krakauer Appellationsgerichts, die das ZDF als eigene Sicht der Dinge hätte abgeben sollen, sei seinerseits „ihrem Inhalt nach eine Meinungsäußerung“. Das ZDF habe zudem die falsche Aussage über „polnische Vernichtungslager“ richtiggestellt und klargemacht, dass es sich um deutsche Vernichtungslager auf polnischem Boden gehandelt habe.
(mit KNA und epd)

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