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In bei Touristen beliebten Städten ist Airbnb zu einer Plage geworden. Der WDR startet am Mittwoch die Doku-Reihe "Kritisch Reisen".

© Jens Kalaene/dpa

Dokumentation über Airbnb: Touristen statt Mieter

Die WDR-Reihe „Kritisch Reisen“ widmet sich zum Auftakt am Mittwochabend dem „System Airbnb“.

Preiswerter Urlaub in privaten Wohnungen: Die bestechend klingende Idee des vor zehn Jahren in Kalifornien gegründeten Online-Portals Airbnb ist zur Landplage geworden. Besser gesagt zu einer Plage vor allem für die bei Touristen beliebten Städte.

In Berlin lassen sich über Airbnb rund 26.000 Zimmer und Wohnungen mieten, rund ein Viertel der Vermieter bietet mehrere Unterkünfte gleichzeitig an. Der Verdacht einer Zweckentfremdung privaten Wohnraums liegt nahe, Airbnb widmet dem „Superhost“ dennoch auf der Webseite einen eigenen Bereich.

„Bei diesen erfahrenen Gastgebern kannst du dich wie zu Hause fühlen und auf einen komfortablen Aufenthalt freuen“, heißt es dort. Seit einigen Jahren wehren sich Städte gegen die Folgen des boomenden Geschäftsmodells, wie auch der Tagesspiegel jüngst berichtete. In Berlin benötigt man eine städtische Genehmigung, wenn man Ferienwohnungen vermieten will. Was offenbar den Missbrauch nur bedingt verhindert.

Die Dokumentation „Das System Airbnb – Im Bett mit dem Supervermieter“ eröffnet im WDR die sechsteilige Reihe „Kritisch Reisen“, die sich den Auswüchsen des Massentourismus widmet. In weiteren Filmen geht es um Safaris in Südafrika, um die Zustände auf den Balearen, den Kanaren und in Kroatien sowie zum Abschluss um das Thema: „Gutes tun im Urlaub – und wer daran verdient“. Zudem bietet der WDR im Netz das Webspecial „ReiseRadar“ an, in dem noch weitere Tourismus-kritische Beiträge aus der Reihe „Die Story“ abrufbar sind.

Dirk Bitzer und Fabian Nast haben für ihren Airbnb-Film an verschiedenen Orten recherchiert und eindrucksvolle Beispiele zusammengetragen. In Berlin folgen sie der Vermieterin „Marie“, die es auf 30 angebotene Wohnungen bringt. Dahinter verbirgt sich der Immobilienverwalter Orbis.

In Hamburg verliert eine Frau ihre Wohnung wegen Airbnb

In München begleiten die Autoren zwei Mitarbeiter des Wohnungsamts, die zur Not mit Hilfe der Polizei vor Ort überprüfen, ob Wohnraum zweckentfremdet wird. Besonders krass ein Fall in Hamburg: Dort wurde einer Mieterin wegen Eigenbedarfs gekündigt, doch nachdem sie ausgezogen war, tauchten in der Wohnung nur noch Airbnb-Bucher auf. Sie zahlen 59 Euro pro Nacht, womit der Vermieter die Einnahmen im Monat vervierfacht hat.

An dem Geschäft wollen auch Trittbrettfahrer wie die Firma Airdna mitverdienen: Die scannt alle Inserate bei Airbnb und verrät Anlegern, wo es sich besonders lohnt, Wohnungen anzubieten und welche Mieten sie verlangen dürfen. „Die kaufen unsere Daten, um aus ihren Appartments Geldmaschinen zu machen“, sagt der Vertriebschef über seine Kunden.

Außerdem reisen die Autoren nach Köln, Florida und Florenz. Die von jährlich vier Millionen Gästen besuchte toskanische Schönheit dient als Beispiel für eine Stadt, in der der Tourismus die Wohnstruktur ganzer Viertel umkrempelt. Angeblich wird dort fast jede fünfte Innenstadt-Wohnung bei Airbnb angeboten. Der Bürgermeister wünscht sich bessere Gesetze, Airbnb verweist in einer Stellungnahme auf die Verantwortung der einzelnen Vermieter.

Bei der EU-Kommission hat die European Holiday Home Association, der Lobbyverband von Plattformen wie Airbnb, Beschwerde gegen lokale Regelungen eingelegt, die ihr Geschäft erschweren. „Die Spur führt nach Brüssel“, texten die Autoren die europapolitische Dimension des Themas an, als hätten sie dieses Detail durch detektivische Kleinarbeit herausfinden müssen.

Man kann ihre Recherche natürlich auch als Erfolgsgeschichte sehen: Wie aus einem kleinen Start-up binnen zehn Jahren ein global agierendes 30-Milliarden-Unternehmen geworden ist - allerdings mit gesellschaftlichen Nebenwirkungen.

„Das System Airbnb“, WDR, Mittwoch, 22 Uhr 10

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