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Die „heute-show“ mit Oliver Welke erreicht seit 2012 mehr Zuschauer als das ZDF-Nachrichtenmagazin „heute-journal“.

© dpa

Demokratie-Forum Hambacher Schloss: Ist Satire der bessere Journalismus?

"heute-show", "extra3", "Neo Magazin Royale" - die Satire-Sendungen gelten manchen inzwischen als mutiger als klassische TV-Politikmagazine. Das Demokratie-Forum Hambacher Schloss veranstaltet dazu eine Diskussionsveranstaltung.

Die Rente als Wahlkampfthema, der Niedergang der einstigen Volkspartei SPD, das Wahlprogramm der AfD, das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei – all das sind Themen, die in den letzten Wochen in der ZDF-Satire-Sendung „heute-show“ behandelt wurden.

Moderator Oliver Welke erreicht damit auch jene Zuschauer, die inzwischen die klassischen Nachrichten- und Magazinsendungen des Fernsehens nur noch sporadisch einschalten. Die satirische Zuspitzung erlaubt Welke und seinem Team eine Freiheit, die den Journalisten von „heute-journal“ und „Tagesschau“ nicht erlaubt ist. Über diese Entwicklung wird am Mittwochabend im Demokratie-Forum im Hambacher Schloss unter der Leitung von SWR-Chefreporter Thomas Leif diskutiert. Thema der Veranstaltung: „Warum gelten Satiriker heute als die Journalisten mit Tiefgang und Haltung?“ Am Donnerstag wird die SWR-Sendung in die Sender-Mediathek gestellt.

Die in der Fragestellung enthaltene Feststellung wird indes nicht von jedem Diskutanten geteilt. „Natürlich sind Satireformate kein Ersatz für klassischen Journalismus. Sicher ist aber, dass die Bedeutung der Satire zunimmt“, sagt Bernd Gäbler, der ehemalige Grimme-Chef. „Gerade die ,heute show‘ mit zuletzt über vier Millionen Zuschauern hat die Einschaltquoten des ,heute-journals‘ schon seit Dezember 2012 überholt und ist damit die jüngste, beliebteste und jenseits des linearen Fernsehens am stärksten nachgefragte Sendung des ZDF“, hat Gäbler bereits vor der Aufzeichnung der Sendung dem Mediendienst Kress gesagt.

Georg Restle, der Redaktionsleiter des WDR-Politmagazins „Monitor“ geht noch einen Schritt weiter. „Satire profitiert von verbreiteter Mutlosigkeit im Journalismus. Und davon, dass sie anders als die ,staatliche Lügenpresse‘, eher als Teil des Anti-Establishments wahrgenommen wird. Insoweit gehen ,Satire-Boom‘ und Institutionenverdrossenheit Hand in Hand“, meint der WDR-Mann. Das Beispiel Böhmermann spreche jedoch gegen die Annahme, dass Satire heute weniger angreifbar sei: „Satire kann und darf alles, gerade auch solche Themen. Wenn das Lachen nicht im Halse stecken bleibt, ist es schließlich keine gute Satire“, so Restle.

Ein Ventil für Politik-Frust

Neben Gäbler und Restle gehörten Lisa Politt, Chefin im Hamburger Theater Polittbüro, der Freiburger Kabarettist Matthias Deutschmann sowie der Buchautor und Medienwissenschaftler Benedikt Porzelt an der Veranstaltung teil. Für Mitdiskutant Andreas Lange, den Redaktionsleiter der ARD-Satiresendung „extra3“, profitiert Satire von den aktuellen Polarisierungen in der Gesellschaft. „In Zeiten der Großen Koalition suchen die Menschen offensichtlich ein außerparlamentarisches Forum für Kritik und ein Ventil für Politik-Frust. Einige Satiremagazine haben in den vergangenen Jahren Themen offensichtlich besser zugespitzt und auf den Punkt gebracht, als Politmagazine.“ Das junge Publikum werde über die sozialen Medien zudem besser erreicht – auch weil die Satire-Redaktionen früher auf dieses Medium gesetzt hätten.

Wie wichtig die neuen Medien speziell für Satire-Formate sind, hat in der vergangenen Woche die erste Sendung von Jan Böhmermanns „Neo Magazin Royale“ nach der Sendepause in Folge des „Schmähgedichts“ gezeigt. Die Sendung selbst hatte bei der Erstausstrahlung auf ZDFneo mit 620 000 Zuschauern einen neuen Rekord erreicht. Die Abrufe des Clips über die eingeschleusten Kandidaten bei der RTL-Kuppelshow „Schwiegertochter gesucht“ lagen auf Youtube bereits am Freitagmittag über diesem Wert. Dabei ist die Erkenntnis, dass Reality-Formate im Privatfernsehen ebenso von Überzeichnung leben wie der Boulevardjournalismus nicht neu. Inzwischen wurde das Video über fünf Millionen Mal auf Youtube abgerufen.

Der SWR überträgt die Diskussion am Mittwochabend ab 19 Uhr im Livestream unter www.swr.de/demokratieforum. Ab Donnerstag wird die Diskussion dort dann auch als Video-on-Demand angeboten.

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