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Zu geil für diese Welt. Stefan Raab und Heike Makatsch (Foto von 1996) waren prägende Moderatoren-Gesichter bei Viva.

© imago stock&people

Aus für Musiksender Viva: Nichts geht mehr ab bei Viva

Viva, der deutsche Gegenentwurf zu MTV, war Kult. Zum Jahresende ist bei Viva nach 25 Jahren Schluss. Ohne den Musiksender hätten wir auf einiges verzichten müssen.

Was ist cool? Was uncool? Darauf gibt es viele schlaue, pfiffige Antworten. Vielleicht sei sie wirklich uncool geworden, ohne es zu merken, das hat Heike Makatsch mal im Tagesspiegel-Interview gesagt. Da war sie schon Jahre weg von Viva, dem Fernsehsender, dem sie als junge Moderatorin ihre Karriere verdankte. Genauso wie Stefan Raab, Mhin-Khai Phan-Thi, Sarah Kuttner oder Charlotte Roche. Beim Musiksender zu arbeiten, Formate wie „Fast Forward“ zu schauen, das war mal cool.

Viva prägte das Musikbild einer Generation. Es wird bei dieser einen geprägten Generation bleiben – ein Vierteljahrhundert nach seiner Gründung wird der Musiksender Viva zum Jahresende endgültig eingestellt. Das teilte das Medienunternehmen Viacom in Berlin mit.

Viva? Viele werden gar nicht mehr mitbekommen haben, dass die überhaupt noch senden, zudem wir doch fast alle unsere Musik und Videos zu jeder Zeit bei Youtube & Co. abrufen können. Wer braucht da noch lineares Musikfernsehen? Viva teilte sich schon seit längerem einen Programmplatz mit der Sendemarke Comedy Central. Deren Sendezeit werde ab Januar 2019 auf 24 Stunden ausgeweitet, sagte Viacom-Sprecher Claas Paletta. Kein Platz mehr für Viva.

Der einstige Kultsender war 1993 als deutscher Gegenentwurf zu MTV mit Pop-Musik auf Sendung gegangen, vom Medienriesen Time Warner gestartet, um die deutschen Geschäfte seines Unternehmens Warner Music Group anzukurbeln. Am 1. Dezember hatte Viva den Sendebetrieb in Köln aufgenommen. Es war cool, den Sender bei seinen Programmfavoriten nach vorne zu holen.

Das erste gespielte Musikvideo war „Zu geil für diese Welt“ von den Fantastischen Vier. Viva gegen MTV, das war ja zu jener Zeit auch eine Glaubens- und Stilfrage. Fanta Vier gegen Michael Jackson. Viva ein bisschen journalistischer, ein bisschen frecher, näher dran am Zuschauer, mit vielen deutschen Moderatoren. MTV größer, englischsprachig, internationaler mit seinen renommierten Musikpreisen und legendären Unplugged-Konzerten. Die Bertelsmann Music Group lehnte eine Einladung ab, an Viva teilzunehmen, da man nicht der Überzeugung war, dass sich ein deutschsprachiger Musiksender auf Dauer gegen die globale Wirkung von MTV durchsetzen könne.

Ganz verkehrt war das nicht. Am Ende hat MTV die Nase vorn, wobei dieser Musiksender heute auch im Schatten von Youtube, Spotify, Deezer und so weiter steht. So genannte VJs, Video-Jockeys, wie damals Raab oder Makatsch braucht keiner mehr.

MTV ist die stärkere Marke

„Natürlich ist uns das schwer gefallen, viele der Mitarbeiter sind ja selbst mit der Marke aufgewachsen oder haben einst sogar bei Viva ihre Karriere begonnen“, sagt Mark Specht, General Manager von Viacom in Deutschland dem Medienmagazin DWDL zum letzten Schritt. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber müssen auch anerkennen, dass MTV die stärkere Marke im Musikmarkt ist. Nicht nur wenn es um Markenbekanntheit geht, sondern auch um Marken-Extensions.“

2004 hatte Viacom den Sender übernommen. Im Grunde schon der Anfang vom Ende. Schwindende Marktanteile bis runter auf 0,1 Prozent. Eine Zeit lang verschwand Viva im Pay TV, dann wurde es wieder frei geschaltet. Wechselnde Programmkonzepte, Logos, Extensions (Viva Plus), irgendwann wusste keiner mehr, wo und wie das überhaupt lief.

Fernsehmuseal wird Viva natürlich als Talentschmiede und Kinderstube vieler guter Moderatoren und Schauspieler im Gedächtnis bleiben. Sarah Kuttner („Die Show“), Charlotte Roche („Fast Forward“), Jessica Schwarz, Tobias Schlegl, Collien Ulmen-Fernandes, Oliver Pocher, Matthias Opdenhövel („Interaktiv“), Aleksandra Bechtel („Was geht ab?“) undundund.

Einer war der Größte dabei. Im November 1993 bot ein gewisser Stefan Raab dem Musikfernsehsender Viva selbstentworfene Programmjingles an. Nach einem Casting wurde ihm die Moderation der Sendung „Vivasion“ anvertraut, die er bis Ende 1998 moderierte. Dazu die Sendung „Ma’ kuck’n“.

Unvergessene Fernsehmomente: 1994 sang Raab in „Vivasion“ während der Berichterstattung zur Fußball-WM live einen Rap-Song über den damaligen Bundestrainer Berti Vogts. Danach veröffentlichten Stefan Raab & die Bekloppten das Lied unter dem Titel „Böörti Böörti Vogts“. Ohne Viva kein Raab, kein „TVTotal“ auf Pro7.

Oder eben Heike Makatsch. Ihre Fernsehkarriere begann 1993 bei Viva, unter anderem mit den Formaten „Interaktiv“ und „Heikes Hausbesuch“, bevor sie zu „Bravo TV“ (RTL2) ging. 1996 dann der Film „Männerpension“ von Detlev Buck, Start einer Filmkarriere bis hin ins „Tatort“-Kommissariat.

Andere Viva-Helden hatten weniger Glück. Von 1993 bis 2004 gehörte Mola Adebisi zu den am längsten aktiven Moderatoren des Senders. 2014 landete der ExViva-Star im RTL-Dschungelcamp. Wobei, das ist wohl auch schon wieder cool.

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